Staatsbürgerschaftstest neu: Werte statt Fakten

Staatsbuergerschaftstest Werte statt Fakten
Staatsbuergerschaftstest Werte statt Fakten(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Zuwanderung wird neu geregelt. Unter anderem soll in einem neuen Einbürgerungstest nach einer 18-Punkte-„Wertefibel“ geprüft werden. Geschichtswissen verliert an Relevanz.

Wien. Wer war der erste Bundespräsident der Zweiten Republik, den das Volk wählte? Wie wohnte Maria Theresia im Sommer? Wann wurde die zweite Türkenbelagerung abgewehrt? Wann das Stadtrecht von Wien erstmals schriftlich festgelegt? Solche und ähnliche Fragen mussten Zuwanderer im Rahmen des Staatsbürgerschaftstests bisher beantworten.

Am Mittwoch hat ÖVP-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz eine neue Version des Staatsbürgerschaftstests präsentiert. Historisches Faktenwissen soll nur noch am Rande geprüft werden, in erster Linie soll sich der Test künftig an einer „Wertefibel“ orientieren. Auf der Grundlage der „Menschenwürde“ sind darin sechs tragende Prinzipien – Freiheit, Rechtsstaat, Demokratie, Republik, Föderalismus, Gewaltenteilung – vorgesehen, die insgesamt 18 Werten beinhalten, an denen sich die Neuzuwanderer orientieren sollen.

>>> Der neue Test: Könnten Sie Österreicher werden?

Im „Prinzip Rechtsstaat“ sind etwa die Werte Gerechtigkeit („Für mich gelten dieselben Regeln wie für andere“), Anerkennung („Ich erkenne die Rechte der anderen an“) und Respekt („Ich respektiere diese Rechte, indem ich mein Handeln entsprechend gestalte“) verankert, im „Prinzip Freiheit“ Selbstbestimmung („Ich bin für mein Leben selbst verantwortlich“) und Selbstdisziplin („Ich respektiere das geordnete Zusammenleben“).

Und im „Prinzip Föderalismus“ heißt es: „Österreich ist mit seinen regionalen Besonderheiten im Laufe der Geschichte gewachsen. Viele verschiedene Einflüsse haben zu einer einzigartigen Vielfalt geführt [...]. Erst wenn die kleinste Einheit eine Aufgabe nicht allein lösen kann, übernimmt die größere Einheit.“ Die dazugehörigen Werte lauten Vielfalt („Jede/r lebt ihr/sein eigenes Leben in verschiedener Tradition und Kultur“), Eigenverantwortung („Jede/r sollte im Rahmen ihrer/seiner Möglichkeiten für sich selbst sorgen können“), Leistung („Ich bin bereit, nach Kräften aktiv zum Gemeinwohl beizutragen“).

Der neue Test solle „ehebaldigst“ zum Einsatz kommen, betonte Kurz am Mittwoch.

Neue „Willkommenskultur“

Die „Wertefibel“ und der Staatsbürgerschaftstest neu sind Teil einer neuen „Willkommenskultur“, die das Staatssekretariat für Integration einführen will. Dazu gehören auch die Erstbetreuung direkt an der Botschaft im Ausland und die Errichtung von fünf regionalen Beratungsstellen, sogenannten Österreich-Zentren, in denen erklärt wird, wie das Land funktioniert, welche Rechte und Pflichten es gibt et cetera.

Die Staatsbürgerschaftsverleihung an sich soll künftig übrigens mit einem Festakt verbunden sein– inklusive Bundeshymne.

>>>Zum Download der Wertefibel

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2013)

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