Selbstanzeigen bringen deutschem Fiskus Milliarden

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Die Parteien sind sich uneinig über Amnestien bei Selbstanzeige in Steuerfällen. Steinbrück möchte den Druck auf die Steueroasen verstärken.

Strafbefreiende Steuer-Selbstanzeigen spülen dem deutschen Fiskus Milliardensummen in die Kassen. Nach einer am Mittwoch vorab vom Wochenmagazin "Die Zeit" veröffentlichen Umfrage unter allen deutschen Landesfinanzbehörden offenbarten sich seit Anfang 2010 rund 47.400 Steuerhinterzieher bei den Behörden. Insgesamt hätten sie zwei Milliarden Euro an die deutschen Finanzämter nachgezahlt.

Die Selbstanzeige des FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung hat die Debatte über Straffreiheit neu entfacht. Union und FDP hatten bereits betont, dass sie an der Möglichkeit der Strafbefreiung festhalten wollen.

SPD-interne Diskussion um Straffreiheit

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und SPD-Chef Sigmar Gabriel sprachen sich hingegen für eine weitgehende Streichung der Straffreiheit bei Steuer-Selbstanzeigen aus. "Wir werden diese Vorschrift nur noch für eine relativ kurze Übergangszeit akzeptieren", sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann vor Journalisten. Oppermann nannte als Frist einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren. Danach sollten die zuständigen Behörden in der Lage sein, den Strafanspruch des Staates durchzusetzen.

Nach Ansicht Oppermanns wird die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige derzeit noch gebraucht. Ohne dieses Instrument wäre der Fall des FC-Bayern-Präsidenten Hoeneß nicht bekannt geworden. Der Münchener Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) indes hat sich entschieden gegen die Strafbefreiung ausgesprochen. "Wir können uns Steuerhinterziehung nicht leisten. Wir sollten sie auch nicht straffrei stellen, wie es für die Fälle in der Schweiz gedacht war", sagte er im "Phoenix"-Interview.

"Eine Strafbefreiung mag in geringfügigen Fällen ein sinnvolles Instrument zur Bürokratievermeidung sein", sagte sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der "Passauer Neuen Presse". Sie sei aber bei einer Steuerhinterziehung von einer Million Euro oder mehr fragwürdig. "Eine Strafbefreiung widerspricht in solchen Fällen jedem Gerechtigkeitsgefühl."

Steinbrück will gegen Steueroasen vorgehen

Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück hat mit Blick auf die Steueraffäre von Hoeneß erneut eine harte Linie gegenüber Steueroasen gefordert. Die USA bekämen zum Beispiel bereits Informationen über ihre Steuerbürger in der Schweiz. "Das Bankgeheimnis in der Schweiz ist de facto längst gefallen."

Steinbrück sprach sich neuerlich gegen eine komplette Abschaffung der Amnestieregel für reuige Steuersünder aus, wie es die Linke fordert. "Ich möchte nicht, dass alle Bagatellfälle kriminalisiert werden, die müssen reinen Tisch machen können", sagte er.

Hoeneß kein Wahlkampfthema

Deutschlands Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erwartet in der Steueraffäre von Hoeneß volle Aufklärung der Vorwürfe nach Recht und Gesetz. "Hoeneß hat für den deutschen Fußball viel erreicht", sagte der CSU-Politiker und Sportminister am Mittwoch. "Diese Verdienste bleiben." Er fügte aber hinzu: "Wir akzeptieren keine Steuerhinterziehung." Falls sich die Vorwürfe gegen Hoeneß als richtig herausstellten, "ist es nicht in Ordnung. Und da muss er auch so behandelt werden wie jeder Bürger. Nicht schlechter, nicht besser. Dafür haben wir Gesetze, und die Gesetze gelten."

Zur Frage, ob Hoeneß weiter als Präsident des Vereins tragbar sei, wollte sich Friedrich nicht äußern. Auch eine mögliche Belastung des Wahlkampfes der CSU durch die Affäre Hoeneß, dem gute Beziehungen zu CSU-Politikern nachgesagt werden, sieht der Minister nach eigenen Angaben nicht: "Das ist alles Unfug."

(APA/Reuters/dpa/AFP)

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