Angeblich wurde er am 20. März festgenommen und nur gegen Zahlung einer Millionen-Kaution auf freiem Fuß gelassen. Der Bayern-Boss will reinen Tisch machen.
Steuersünder Uli Hoeneß gibt sich reumütig. Er habe erkannt, dass er einen schweren Fehler gemacht habe, den er versuchte, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen, sagte Hoeneß, der am Dienstagabend in der Münchner Arena beim Königsklassen-Gipfeltreffen erwartet wurde. Das Spiel vor Ort verfolgen kann der Präsident des FC Bayern München nur wegen der Zahlung einer Millionen-Kaution. Hoeneß sei am 20. März vorläufig festgenommen worden, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag im Voraus aus ihrer Mittwochsausgabe. Gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro sei der Haftbefehl kurz darauf aber wieder außer Vollzug gesetzt worden.
Dem Bericht zufolge kamen die Ermittler am 20. März mit einem Haftbefehl gegen Hoeneß zu einer Hausdurchsuchung. Die Justiz soll ursprünglich sieben Millionen Euro an Kaution gefordert haben, damit der 61-Jährige frei bleiben kann. Hoeneß habe sich dann in den vergangenen Wochen zweimal pro Woche bei den Behörden melden müssen. Warum ein Haftbefehl gegen Hoeneß erlassen wurde, ist der "SZ" zufolge bisher unbekannt. Die Anwälte von Hoeneß äußerten sich demnach nicht dazu.
Hafbefehl nach Selbstanzeige ungewöhnlich
Dem Bericht zufolge ist ein Haftbefehl nach einer Selbstanzeige ungewöhnlich. Es sei ein ernster Hinweis, dass diese von Hoeneß im Jänner beim Finanzamt wegen eines Kontos in der Schweiz erstattete Selbstanzeige möglicherweise nicht strafbefreiend sein kann.
"Ich habe erkannt, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe, den ich versuche, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen", sagte Hoeneß der Zeitschrift "Sport Bild" (Mittwochsausgabe). "Ich will reinen Tisch machen. Das Gesetz bietet ja diese Möglichkeit", ergänzte der 61-Jährige. Bereits am Montag hatte Hoeneß angekündigt, vorerst keine Details zu der brisanten Steuersache nennen zu wollen.
Debatte um Straffreiheit bei Selbstanzeige
Am vergangenen Samstag war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft München II gegen den Fußball-Funktionär und Financial-Fairplay-Verfechter wegen Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Einzelheiten wollte die Ermittlungsbehörde, die sich nach der Selbstanzeige in den Fall eingeschaltet hatte, aber nicht mitteilen.
Der Fall hat auch die Debatte um Straffreiheit bei einer Selbstanzeige angeheizt. In der SPD plädierte Spitzenkandidat Peer Steinbrück im Gegensatz zu Parteichef Sigmar Gabriel für eine Beibehaltung der Amnestie bei Selbstanzeigen. "Straffrei bleibt man nur, wenn einem die Steuerfahndung noch nicht auf die Spur gekommen ist. Das halte ich für richtig," sagte er dem RBB. Die Grünen wollen ebenso wie die Linkspartei die derzeitigen Möglichkeiten der Straffreiheit bei Selbstanzeigen einschränken oder ganz abschaffen. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin erklärte, er bezweifle, ob für Fälle wie Hoeneß die Strafbefreiung der Selbstanzeige noch gelten sollte. "Ich glaube, das ist eine Regelung maximal für Bagatellgrenzen, aber nicht für Betrug dieser kriminellen Größenordnung."
Mysteriöse Adidas-Millionen
Zwischenzeitlich wurde ein weiteres möglicherweise pikantes Detail bekannt. Im Jahr 2000 soll ihm Robert Louis-Dreyfus, der damalige Chef des Sportartikelherstellers Adidas, 20 Millionen D-Mark auf einem Konto der Schweizer Privatbankgruppe Vontobel für Spekulationsgeschäfte zur Verfügung gestellt haben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (>>> mehr dazu). Das Geschäft fällt genau in die Zeit, in der der FC Bayern München mit Adidas über einen Einstieg des Sportausrüsters in die künftige FC Bayern AG verhandelte.
Der Steuerfall wird Hoeneß und seinen FC Bayern in den wichtigen kommenden Wochen bei der Jagd auf das Triple auf Schritt und Tritt begleiten. Für seine Verfehlung muss der Präsident des Rekordmeisters aber bereits jetzt mit einem riesigen Imageschaden bezahlen. Allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel ging auf deutliche Distanz zu dem 61-Jährigen. "Viele Menschen sind jetzt enttäuscht von Uli Hoeneß, die Bundeskanzlerin zählt auch zu diesen Menschen", hatte Regierungssprecher Steffen Seibert bereits am Montag gesagt.
Ex-DFB-Präsident warnt
Die politische Debatte um das Thema Steuerhinterziehung hat durch die Affäre wieder richtig Fahrt aufgenommen. Die TV-Talkshows nehmen den Fall Hoeneß dankbar als Vorlage, in Leitartikeln, in Foren und Blogs wird der Sündenfall des einstigen Vorbilds heftig diskutiert.
Nur die eng mit dem FC Bayern verbandelten Unternehmen und die ansonsten so geschwätzige Fußball-Branche, die für gewöhnlich auf jeden Hoeneß-Vorstoß anspringt, quittiert den spektakulären Fall mit weitgehendem Schweigen. Nur der frühere DFB-Präsident Zwanziger, einer von vielen Hoeneß-Widersachern, formulierte eine über "Schock" und "Privatangelegenheit" hinausreichende Warnung. "Dieser Fall dient nicht gerade unserer Wertschätzung und Glaubwürdigkeit", sagte das Mitglied der FIFA-Exekutive der "Bild"-Zeitung (Dienstag).
Kein Druck von Sponsoren
Rücktrittsforderungen an Hoeneß gibt es jedoch bisher nur aus der Politik. Groß-Unternehmen wie Audi, die Telekom oder Adidas, alle Partner des FC Bayern und zugleich strengen Compliance-Regeln für ihr Geschäftsgebaren unterworfen, verzichten ebenso auf öffentlichen Druck auf Hoeneß wie die Spitzenfunktionäre von DFB und Bundesliga.
Die Hypovereinsbank nahm zwar einige Werbevideos mit Hoeneß aus dem Internet, versicherte aber eilig, die Werbekampagne sei ohnehin bereits im vergangenen Jahr ausgelaufen. Und Bayern-Vizepräsident Rudolf Schels sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Als Club stehen wir unverändert zu Uli Hoeneß und wünschen ihm alles Gute für die Klärung der Angelegenheit."
(APA/dpa)