Kutscherhof reloaded

Hinter der gelben Fassade in Wien 13 drehte Peter Alexander, lebten TV-Taxler, schwirrten Stubenfliegen. Nun entsteht dort, in der Speisinger Straße, ein Wohnprojekt.

Wien. 2000 und 2001 war der Kutscherhof ein Fernsehstar: Die Teilnehmer der von Interspot produzierten Reality-TV-Show „Taxi Orange“ fanden zwei Staffeln lang in den Studios dort vorübergehend Heimstatt, Teenies belagerten den Bau, um ihre Helden zu Gesicht zu bekommen. Mit dem Ruhm der Taxler war es schnell vorbei, auch das Gebäude in der Speisinger Straße rutschte aus dem Fokus der Öffentlichkeit, die Flächen dienten danach als Lager.

Nun werden gerade die Reste der Liegenschaft geschliffen, auf dem Gelände sollen ab dem Frühjahr 2014 zwei Bauten mit insgesamt 34 Wohnungen aus dem Boden wachsen. Was bleibt beim Projekt, das vom Bauträger Neuthal entwickelt, von HOT Architektur geplant und von JP Immobilien vermarktet wird, ist der Name: „Wohnen am Kutscherhof“. Schließlich verbinden viele immer noch etwas damit, weckt er Erinnerungen an Fernsehen, an Shows.

Und passiert ist einiges an TV-Geschichte im Studio hinter der schlichten gelben Fassade, nicht nur „Taxi Orange“, erzählt Ingrid Klingohr, Ehefrau des Interspot-Gründers und ehemaligen Besitzers des Kutscherhofs, Rudolf „Purzl“ Klingohr. Das Unternehmen war im Jahr 1988 in die Speisinger Straße 66 gezogen – den Namen Kutscherhof erhielt der Bau erst für die Taxi-Show – zunächst zur Miete, später im Eigentum.

Grabungen fürs Studio

Damals lag dort ein Betriebsgelände mit Büro- und Lagerräumen. Um ein Studio für Produktionen zu schaffen, grub man vier Meter tief in die Erde, es wurde ausgebaut. Produziert wurde dann etwa dort die erste Versteigerung für „Licht ins Dunkel“, Sendungen wie „Hoppala“, „Frisch gekocht“. „Und die letzte Aufzeichnung mit Peter Alexander ging hier über die Bühne“, blickt Klingohr zurück. Was ihr außerdem lebhaft in Erinnerung geblieben ist: Die Produktionsarbeiten an der Universum-Dokumentation „Ein ganz alltägliches Monster“, für die Unmengen von Stubenfliegen monatelang im Studio herumschwirrten.

Um das Jahr 2000 herum dachten die Klingohrs über die Übersiedlung auf ein anderes Gelände nach, schön langsam sollte es gehen. Doch mit „Taxi Orange“ kam alles anders: Das Studio musste innerhalb von drei Monaten zur TV-Wohnstatt umgebaut werden, die Produktionsfirma aus- und in ein Objekt im 23. Bezirk neu einziehen.

Die Klingohrs vermieteten den Kutscherhof einige Jahre lang als Lager, Anfang 2013 wurde er verkauft, nun wird dort künftig also nicht mehr gedreht oder aufbewahrt, sondern nur noch gewohnt: Für das rund 2500 Quadratmeter große Grundstück hat HOT Architektur zwei Bauteile entworfen. Der eine, zur Speisinger Straße hin orientiert, rutscht von der Straße zurück, in ihm wird es vor allem Zwei-Zimmer-Einheiten für Vorsorgezwecke geben, sagt Martin Müller von JP Immobilien. Dahinter, an der Hermesstraße, werden die Wohnungen größer, bis zu 153 Quadratmeter Wohnfläche.

Viel Platz, viel Grün

„Theoretisch hätte man mehr verbauen können“, erzählt Müller. Bei der Planung habe man aber großen Wert auf viel Platz, gute Aussichten aufs Grün der umliegenden Parks und große Freiräume in Form von Eigengärten und Balkonen gelegt – zugunsten der Lebensqualität lieber auf Quadratmeter verzichtet.

Was es nun kosten wird, dort zu wohnen, wo einst das eine oder andere Stück heimischer TV-Geschichte geschrieben wurde? Bei den kleineren Vorsorgewohnungen an der Speisinger Straße ist man ab rund 160.000 Euro mit dabei, große Einheiten im Dachgeschoß liegen bei knapp unter einer Million Euro, sagt Müller. Auf den Quadratmeter gerechnet werden die günstigeren Wohnungen 3000 bis 3200 Euro kosten, 4500 Euro die hochwertigen Domizile im hinteren Bauteil hin zur Hermesstraße.

ZUM HAUS

Rund 2500 Quadratmeter groß ist das Grundstück, auf dem der Kutscherhof liegt. Angesiedelt zwischen Speisinger und Hermesstraße in Wien-Hietzing diente das Gelände als Büro- und Lagerfläche, bis 1988 die TV- und Filmproduktionsfirma Interspot das Objekt zu einem Studio umfunktionierte. Der Baubeginn für das Projekt „Wohnen am Kutscherhof“ ist mit Frühjahr 2014 angesetzt, Ende 2015 sollen die insgesamt 34 Wohnungen beziehbar sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2013)

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