War das nun die Krise?

ECB Governing Council member Nowotny addresses a news conference in Vienna
ECB Governing Council member Nowotny addresses a news conference in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Nationalbank-Chef Ewald Nowotny rief „das Ende der Rezession“ aus. Auch internationale Indikatoren stiften Hoffnung. Das augenscheinlichste Krisenmerkmal – hohe Arbeitslosigkeit – bleibt aber.

Wien. Ewald Nowotny weiß, wie er von internationalen Agenturen zitiert wird. „Die Rezession in der Eurozone ist zu Ende“, schmetterte der Chef der heimischen Nationalbank gleich zu Beginn der Präsentation der jüngsten Wirtschaftsprognose der OeNB in die Runde. Eine Schlagzeile, die auch in Deutschland bereits am Freitag Widerhall fand. Nowotny lehnte sich mit seiner Interpretation der Zahlen wesentlich weiter aus dem Fenster, als dies andere Ökonomen oder Notenbanker bisher gemacht hatten. Inhaltlich ist die Prognose der Nationalbank jedoch ziemlich genau auf Linie mit den Zahlen, die in den vergangenen Wochen von der Europäischen Kommission oder den heimischen Instituten Wifo und IHS präsentiert wurden.

Heuer soll die Wirtschaft in der Eurozone demnach noch leicht schrumpfen, ab dem kommenden Jahr wird ein schwaches Wachstum von zuerst 1,1Prozent im Jahr 2014 und 1,5 Prozent im Jahr darauf erwartet. Die Zahlen für Österreich sind jeweils um etwa einen halben Prozentpunkt höher (siehe Grafik). Die Republik verzeichnet also auch heuer bereits ein kleines Plus, wiewohl sich dieses von den Ökonomen berechnete Wachstum nur marginal über der statistischen Schwankungsbreite abspielen dürfte.

Hoffen auf Deutschland

Doch woher nehmen die Wirtschaftsforscher ihren plötzlichen Optimismus? Was soll sich gegenüber der Situation von vor einem Jahr verändern? In der heimischen Prognose setzen die Ökonomen vor allem auf ein Wiedererstarken der Exporte nach Deutschland. Begründet wird dies mit einem kräftigen Anstieg der Exportauftragseingänge seit dem Jahresanfang. Diese haben sich von den aktuellen Exporten, mit denen sie zuvor kontinuierlich nach unten gewandert sind, gelöst. Ein ähnliches Bild zeichneten die beiden Kurven auch im Sommer 2009: Was folgte, war das – von Konjunkturpaketen und deutscher Verschrottungsprämie angetriebene – konjunkturelle „Sommermärchen“ des Jahres 2010.

Der Optimismus der heimischen Notenbanker wird dabei auch international geteilt. So erwarten etwa nur die Ökonomen der deutschen Bundesbank, die ebenfalls am Freitag ihre Prognose präsentiert haben, einen „kräftigen Aufschwung“ ab dem Jahr 2014. Aber auch verschiedene Wirtschaftsindikatoren deuteten in der vergangenen Woche nach oben. So hat der Geschäftsklimaindex des Münchner IFO-Instituts, der die Erwartungen von 7000 deutschen Managern misst, per Ende November den höchsten Stand seit dem Frühjahr 2011 erreicht. Und auch der als wirtschaftliche Frühindikator geltende Baltic Dry Index legte seit Ende Oktober um gut 50Prozent auf den ebenfalls höchsten Stand seit 2011 zu. Dieser Index misst die Kosten für internationale Seetransporte – steigen diese, ist das ein Zeichen für mehr Handel und somit eine bessere globale Konjunkturentwicklung.

Geldpolitik hat ihr Pulver verschossen

Heißt das nun also, dass die Krise wirklich vorüber ist? Wenn die prognostizierten Zahlen Realität werden, dann lautet die Antwort zumindest rechnerisch Ja. Doch hier lauert bereits die erste Unsicherheit. Denn ökonomische Prognosen müssen nicht selten nur wenige Monate nach ihrer Erstellung drastisch revidiert werden. So wurde noch im Vorjahr bereits für heuer ein Wachstum von über 1,5 Prozent in Österreich erwartet.

Ewald Nowotny
Ewald Nowotny Die Presse

Hinzu kommt, dass angesichts der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, mit einem auf den historischen Tiefststand gesenkten Wert der Leitzinsen von 0,25 Prozent, ein Wachstum von etwa eineinhalb Prozent extrem wenig ist. Dies ist insofern bedenklich, als die Geldpolitik inzwischen nahezu ihr gesamtes Pulver zur klassischen Konjunkturbelebung verschossen hat.

Am entscheidendsten ist jedoch, dass die Krise bei den „Menschen auf der Straße“ vor allem in einer Form gespürt wird: an der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Und die Arbeitslosigkeit soll sich auch bei den optimistischen Prognosen nicht verbessern, sondern eher sogar leicht steigen (siehe Grafik). Begründet wird dies von den Ökonomen damit, dass mehr Leute (Ältere, Frauen und Personen aus den östlichen EU-Ländern) auf den Arbeitsmarkt strömen, als dort neue Jobs geschaffen werden. Denn dafür ist auch das erwartete Wachstum immer noch zu schwach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2013)

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