Nowotny heizt Streit über Größe des Budgetlochs neu an

ECB Governing Council member Nowotny addresses a news conference in Vienna
ECB Governing Council member Nowotny addresses a news conference in ViennaREUTERS
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Statt 18 Milliarden würden nur drei Milliarden fehlen, so der OeNB-Chef. Diese aber „nachhaltig“.

Wien. War es nur eine semantische Anmerkung oder ein politisches Statement? Auf jeden Fall heizte Ewald Nowotny, Gouverneur der heimischen Nationalbank, am Freitag den gerade erst beigelegten Streit zwischen den Koalitionsverhandlern über die Größe des Budgetlochs neu an. Laut Nowotny beträgt dieses nämlich nicht 18,4 Milliarden Euro bis 2018, wie von ÖVP und SPÖ festgelegt, sondern lediglich drei Milliarden Euro. Diese drei Milliarden würden aber nachhaltig fehlen – also Jahr für Jahr.

Rechnet man nun die drei jährlichen Milliarden bis 2018 hoch, ergibt das nahezu die festgelegten 18,4 Milliarden Euro. Es ist laut Nowotny aber „problematisch“, dass die Regierungsverhandler hier mit „riesigen Zahlen“ hantierten. Eine Person, die zwei Kilo abnimmt und dieses Gewicht dann zehn Tage hält, habe ja auch nicht 20 Kilo abgenommen, so Nowotny. Und das schwache Wachstum dürfe nicht durch übermäßige Konsolidierung wieder abgewürgt werden.

In der ÖVP ist der Unmut über die Aussagen Nowotnys groß. Seine Rechnung von einem Fehlbetrag von nur drei Milliarden Euro sei „nicht nachvollziehbar“, meinte ein Abgeordneter. Ein hochrangiger Parteimitarbeiter findet es „sehr seltsam“, dass „der Notenbankchef einen Fehlbetrag infrage stellt, auf den sich die Regierungsspitze in nicht gerade einfachen Gesprächen geeinigt hat“.

„Parteimitglied ist durchgekommen“

Bei seiner Berechnung habe Nowotny zudem „getrickst“. Denn der Notenbank-Chef rechne nur bis 2015 und nicht bis 2018, wie SPÖ und ÖVP. Doch gerade in den späteren Jahren würden die Zuschüsse ins Pensionssystem deutlich ansteigen, was den Konsolidierungsbedarf erhöhe. Da sei beim Gouverneur der Notenbank „wohl wieder einmal das Parteimitglied durchgekommen“ (Nowotny war 21 Jahre lang SPÖ-Nationalratsabgeordneter, Anm.).

Nowotny erklärte die Rechnung bis 2015 dadurch, dass laut Vereinbarung mit der EU bis zu diesem Zeitpunkt die Reduktion des strukturellen Defizits – also jenes ohne konjunkturelle Einflüsse und Einmaleffekte – auf 0,45 Prozent bereits erfolgt sein müsse. Eine Reduktion des gesamten Budgetdefizits, das ja etwa aufgrund der Bankenhilfe noch deutlich höher ist, wird weder von Nowotny noch von den Regierungsverhandlern als Zielgröße genannt.

Der Vorwurf, dass Nowotny auch als – offiziell unabhängiger Notenbankchef – immer wieder die parteipolitische Brille aufsetze, ist nicht neu. In der Vergangenheit hatte die Volkspartei der Nationalbank und deren Chef dies wiederholt vorgeworfen. Zuletzt im vergangenen Jahr, als just vor dem SPÖ-Parteitag, bei dem es um Reichensteuern ging, eine Studie der OeNB zur Vermögenssituation veröffentlicht wurde. Darin wurde festgestellt, dass elf Prozent der Österreicher über ein Vermögen von mehr als 500.000 Euro verfügen. Die SPÖ sah sich deshalb in ihrer Forderung nach Erbschafts- und Vermögensteuern bestätigt. Die OeNB wies Vorwürfe zurück, die Veröffentlichung der Studie zeitlich auf den Parteitag abgestimmt zu haben.

Auch bei der Bankensteuer 2010 sorgte eine Untersuchung der Notenbanker, die nur geringe Auswirkungen der von der SPÖ gewünschten Steuer sahen, für Unmut. Die ÖVP hatte die Steuer stets mit der Begründung abgelehnt, die Belastung für die Banken bzw. am Ende für die Kunden sei zu hoch. Dass Nowotny jetzt mitten in den Koalitionsgesprächen mit „beschwichtigenden Aussagen“ zur Wirtschaftslage und dem Budgetloch Stimmung für die SPÖ mache, sei „eine Sauerei“, so der VP-Mandatar. (jaz/rie)

AUF EINEN BLICK

Laut Regierungsverhandlern beträgt das Budgetloch 18,4 Milliarden Euro bis 2018. Laut OeNB-Chef Ewald Nowotny sind es nur drei Milliarden, diese aber jährlich. Aufsummiert ist der Wert nahezu gleich, Nowotny kritisiert aber das öffentliche Hantieren mit „riesigen Zahlen“. Die ÖVP sieht darin eine parteipolitisch motivierte Beschwichtigung. Klar ist, dass sowohl SPÖ als auch ÖVP nur das strukturelle Defizit senken wollen, und auch das nur auf 0,45 Prozent. Das echte Defizit ist viel größer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2013)

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