Schlussakt im Schillerplatz-Prozess

Auf der Anklagebank (von links): Ex-ÖBB-Chef Huber, Ex-Telekom-Finanzvorstand Colombo, Ex-Telekom-Chef Sundt.
Auf der Anklagebank (von links): Ex-ÖBB-Chef Huber, Ex-Telekom-Finanzvorstand Colombo, Ex-Telekom-Chef Sundt.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Ex-ÖBB-Chef Martin Huber, seine Frau sowie Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt und Ex-Telekom-Finanzvorstand Stefano Colombo sollen Untreue begangen haben. Sie bestreiten das.

Wien. Die Sache ist schnell erzählt. Ins Rollen gekommen war sie im Jahr 2002. Die Telekom Austria (TA) stöhnte damals wegen des schlechten Geschäftsgangs im Bereich Festnetz. Man entschloss sich, Immobilien zu Geld zu machen. Etwa die oberen Etagen eines herrschaftlichen Palais mit der noblen Wiener City-Adresse Schillerplatz 4. Ende 2006 stand eine Käuferin fest, eine Projektentwicklungsgesellschaft unter der Ägide des damaligen ÖBB-Chefs Martin Huber. Er hielt über einen Treuhänder 75 Prozent an der Gesellschaft, seine Frau 25. Um 5,4 Millionen Euro wechselte das elegante Objekt die Besitzer. Und das waren laut Staatsanwalt mindestens 4,4 Millionen zu wenig.

Damit ist man schon mitten drin in der aktuellen Gerichtsverhandlung – einer Verhandlung aus der endlos scheinenden Serie sogenannter Telekom-Prozesse. Zur Erinnerung: Solche liefen zuletzt etwa wegen illegaler Parteienfinanzierung. Oder wegen der Affäre um die mutmaßliche Manipulation des Kurses der Telekomaktie.

In Sachen Schillerplatz war Freitag der Tag der großen Entscheidung. Für Martin Huber (54), seine Ehefrau Barbara (53), weiters für den früheren Telekom-Vorstandsvorsitzenden Heinz Sundt (66) – er ist übrigens in der schon erwähnten Aktienaffäre rechtskräftig freigesprochen worden – und auch für den früheren TA-Finanzvorstand Stefano Colombo. Letzterer kassierte in ebendieser Affäre dreieinhalb Jahre Haft, nicht rechtskräftig.

Die Vorwürfe von Staatsanwalt Michael Radasztics (siehe oben): Da eben der wahre Preis, also der Verkehrswert, laut Gerichtsgutachten 9,8 Millionen Euro betrug, hätten Sundt und Colombo Untreue zulasten der Telekom bzw. der Telekomaktionäre begangen. Sie hätten nämlich ihre Befugnisse, über das Vermögen des teilstaatlichen Unternehmens zu verfügen, wissentlich missbraucht.

„Nicht schuldig“, sagten diese beiden Angeklagten schon beim Start des Prozesses am 9. Jänner im Straflandesgericht Wien. „Nicht schuldig“, sagte auch das Ehepaar Huber. Dem Paar wird Beihilfe zur Untreue angelastet.

Huber unter Betrugsanklage

Zudem muss sich Martin Huber noch mit einem Überraschungscoup des Staatsanwaltes auseinandersetzen: nämlich mit einer nachträglichen Ausweitung der Anklage in Richtung schweren Betrugs. Einen solchen soll Huber begangen haben, indem er den Telekom-Aufsichtsrat über seine genauen Beteiligungsverhältnisse an der Schillerplatz-Projektentwicklungsgesellschaft im Unklaren gelassen habe.
Abfertigungsansprüche Hubers seien nicht entstanden, hätte der damalige ÖBB-Boss seinem Unternehmen damals reinen Wein eingeschenkt. So sieht es zumindest der Ankläger. Huber sieht es völlig anders. Und bekennt sich auch hier „nicht schuldig“. Mit einer Entscheidung über diesen Anklagepunkt war am Freitag nicht zu rechnen. Das Gericht hatte bereits zu erkennen gegeben, dass es diese Materie einer weiteren Verfolgung vorbehalten möchte.

Wohl aber standen die Urteile in der Hauptsache bevor. Der Staatsanwalt wetterte, der Deal sei „mies ausgepackelt“ gewesen. Aber natürlich fragen sich alle, die die schnell erzählte Geschichte nun so weit kennen: Warum wurde eigentlich so billig verkauft? Dass Huber tatsächlich ein gutes Geschäft gemacht hat, zeigt sich ja auch daran, dass er das von ihm entwickelte Objekt knapp ein Jahr später um fast elf Millionen Euro an die Baufirma Seeste Bau AG weiterverkaufte. Warum? Cui bono? Zur Frage nach dem Motiv hat die Anklage eher weniger zu bieten. Er könne nicht sagen, ob Kickbackzahlungen im Spiel gewesen seien, erklärte der Staatsanwalt. Er stelle nur fest, dass es auch ein Geldwäschereiverfahren gegen Colombo gebe, weil dieser zwischen 2005 und 2007 Bargeld in Gesamthöhe von 1,18 Millionen Euro auf ein Bankkonto einzahlte. Auf die Frage nach dem Geldsegen sagte Colombo zuletzt nur: „Ich bin dabei, das dem Finanzamt zu erklären.“

Geschäft unter guten Freunden

War der Deal ein Freundschaftsdienst zugunsten des mittlerweile schwer erkrankten Bau-Tycoons K.? K. war es nämlich, der gemeinsam mit Huber schon 2003 die ersten Verhandlungen mit der TA geführt hatte. Sundt winkt ab: „Mit K. war ich befreundet, aber zur Kaufpreisfindung kann ich nichts sagen.“ Dies sei Sache der TA-Immobilienabteilung gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2014)

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