Falschaussage-Prozess

Sebastian Kurz beantragt Freispruch: Die Verteidigungsschrift des Ex-Kanzlers

Im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien findet der Kurz-Prozess statt. 
Im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien findet der Kurz-Prozess statt. Die Presse/Clemens Fabry
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In seiner neuen „Gegenäußerung zur Anklage“ wirft Sebastian Kurz der WKStA Einseitigkeit vor. Auch werde übersehen, dass „politisch motiviertes Vorgehen“ zum Strafantrag geführt habe.

Nun ist sie da, die schriftliche Gegenposition zum Strafantrag. In diesem Papier listet Sebastian Kurz – an seiner Seite: Anwalt Otto Dietrich – eine ganze Reihe von Kritikpunkten an der Korruptionsstaatsanwaltschaft, der WKStA, auf.

Letztere hat ja dafür gesorgt, dass der frühere ÖVP-Bundeskanzler vor dem Strafrichter stehen muss. Und zwar ab Mittwoch, 18. Oktober. Mitangeklagt: Bernhard Bonelli, der vormalige Kabinettschef von Kurz und auch die frühere ÖVP-Vizechefin und einstige Casinos Austria-Vorstandsvorsitzende Bettina Glatz-Kremsner. Alle drei bestreiten die Vorwürfe – die da lauten: falsche Beweisaussage. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft.

Hat Kurz seine Rolle vorsätzlich kleingeredet?

Zur Erinnerung: Kurz hat laut Strafantrag seine Rolle bei der Auswahl des Vorstandes und der Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Österreichischen Beteiligungs-AG (ÖBAG) vor dem Ibiza-U-Ausschuss heruntergespielt. Und somit eben falsch ausgesagt. Dies bestreitet er. Aber der Reihe nach.

Zunächst wird in dem der „Presse“ vorliegenden Gegenpapier zur Anklage ein spezieller Umstand erörtert: Die WKStA begründet ihren Strafantrag sehr ausführlich. Das ist in der Tat interessant, da Strafanträge gar nicht begründet werden müssen und in der Praxis auch nicht begründet werden. Daher heißt es: Es sei „mehr als ungewöhnlich“, dass nun „99 Seiten gesetzlich nicht erforderliche, weitwendige Begründungen“ präsentiert würden.

Dann verweist Kurz darauf, dass auch gegen einen FPÖ-nahen Manager wegen Falschaussage-Verdachts ermittelt wurde. Diese Untersuchung wurde aber eingestellt, weil dem Mann laut WKStA nicht nachgewiesen werden konnte, „subjektiv unrichtig“ ausgesagt zu haben. Der Vorsatz, den es für den Tatbestand der Falschaussage braucht, sei, so die Behörde, „nicht nachweisbar“ gewesen.

Diese Sichtweise legte die WKStA bei Kurz aber nicht an den Tag. Hätte sie das getan, so heißt es in der Gegenschrift, „hätte sie gar keine Anklage erheben dürfen“.

Folgenschwere Anzeige der Neos

Auch die politischen Beweggründe der im U-Ausschuss aktiven Abgeordneten kommen ins Spiel: „Ebenso unterlässt es die WKStA, die wahre Intention der Fragesteller im Untersuchungsausschuss zu berücksichtigen, nämlich den Befragten (...) in Widersprüche zu verwickeln.“ Danach würden „die Fragesteller der Opposition“ – hier sei es Neos-Mandatarin Stephanie Krisper gewesen – Anzeigen einbringen, „um dem politischen Gegner damit zu schaden“. Conclusio: „Es war also ein politisch motiviertes Vorgehen, das zum Strafantrag geführt hat“.

Ferner sei auch die aufgeladene Stimmung im U-Ausschuss nicht gewürdigt worden. Um dies zu untermalen, wird auf den Rückzug der Verfahrensrichterin Ilse Huber verwiesen. Die frühere Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes hatte ihre Aufgabe hingeschmissen und erklärt, dass „Mörder vor Gericht besser behandelt werden als Auskunftspersonen von der Opposition“.

Im Weiteren hagelt es Pauschalkritik an der Anklagebehörde, Beispiel: „Die WKStA verdreht die Aussage von Kurz geradezu ins Gegenteil.“

Wie berichtet soll Kurz seine Rolle bei Personalbesetzungen der ÖBAG aus einem bestimmten Grund kleingeredet haben: um sich nicht dem Vorwurf des Postenschachers auszusetzen. Kurz habe eine Politik „neuen Stils“ propagiert und habe daher keine Angriffsflächen bieten wollen. Dieses Motiv wird auch angeprangert: „Die WKStA beweist ein weiteres Mal, dass sie jegliche Objektivität vermissen lässt.“

»In einem U-Ausschuss wird nicht nach der materiellen, sondern nach einer politischen Wahrheit gesucht.«

Aus der Verteidigungsschrift

»Aus den oben angeführten Gründen wird ein Freispruch des Angeklagten beantragt.«

Anwalt Dietrich für seinen Klienten Kurz

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