Justiz

Früherer Justiz-Spitzenbeamter Christian Pilnacek ist tot

Pilnacek im Februar 2020 in Wien.
Pilnacek im Februar 2020 in Wien.HANS PUNZ
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Das Justizministerium bestätigt den Tod des suspendierten Sektionschefs. Das Landeskriminalamt Niederösterreich wird eine Obduktion anregen.

Der frühere Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, ist tot. Das Justizministerium bestätigte am Freitag einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „profil“.  Laut Polizei wurde eine männliche Leiche in der Nähe von Krems aufgefunden, nähere Todesumstände seien nicht bekannt. Das Landeskriminalamt Niederösterreich hat die Ermittlungen übernommen und wird bei der Staatsanwaltschaft Krems eine Obduktion anregen. Dadurch sollen Todesursache und Identität des Mannes restlos geklärt werden.

Jahrelang war Pilnacek neben dem jeweiligen Minister mächtigster Mann im Justizministerium. Er galt als ausgewiesener Strafrechtsexperte, der an zahlreichen Reformprojekten mitwirkte. Unter Türkis-Blau avancierte er zum Generalsekretär, 2021 wurde er suspendiert. Er hatte dem damaligen Kabinettschef im Finanzministerium per Chatnachricht („Das ist ein Putsch“; „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft ...“) geraten, Rechtsmittel gegen eine von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vollzogene Hausdurchsuchung im Finanzministerium sowie Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständigen Sachbearbeiter zu erheben.

Weiters hatte er sich erkundigt, wer den damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auf seine Beschuldigtenvernehmung vorbereitet („Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?“). Dafür wurde er heuer im April von der Bundesdisziplinarbehörde zu einer Geldstrafe von einem Monatsbezug verurteilt.  In zwei weiteren Punkten wurde er disziplinarrechtlich freigesprochen: Einerseits soll er einer Journalistin ein Amtsgeheimnis „gesteckt“ haben, und er soll es unterlassen haben, die Zusendung von Akten zu melden, für deren Bearbeitung er nicht zuständig gewesen sei. Pilnacek bekämpfte die Geldstrafe und die Suspendierung.

Freispruch vor Strafgericht

Auch vor dem Strafgericht musste Pilnacek erscheinen. Im Juli 2022 wurde er rechtskräftig freigesprochen. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte das Urteil des Straflandesgerichts vom November 2021. Pilnacek war angeklagt worden, weil er Informationen über Ermittlungen gegen eine „Presse“-Journalistin sowie das geplante Vorgehen der WKStA an eine andere Journalistin weitergegeben hatte. Das Straflandesgericht sprach ihn mit der Argumentation frei, dass durch die Weitergabe weder öffentliche noch private Interessen verletzt worden seien. Die zuständige Staatsanwaltschaft Innsbruck hatte Berufung angemeldet.

Zadic über Pilnaceks Tod „erschüttert“

Zadic zeigte sich einer Stellungnahme erschüttert über Pilnaceks Tod: „Er war ein fachlich äußerst versierter Jurist, der mit seiner Expertise einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung der Straflegistik geleistet hat. Seiner Familie, seinen Freundinnen und Freunden und allen Angehörigen möchte ich mein tief empfundenes Mitgefühl ausdrücken.“ Ministerium und Justizpalast waren am Freitag Nachmittag schwarz beflaggt.

Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich „tief betroffen“. Pilnacek sei „ein brillanter Jurist gewesen, der die österreichische Justiz über Jahrzehnte geprägt hat wie kaum ein anderer. Als Architekt des Strafprozessreformgesetzes 2004 hat er für immer seine Handschrift in Österreichs Rechtssystem hinterlassen.“ Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) äußerte sich auf X (vormals Twitter) ebenfalls tief betroffen. Er habe Pilnacek - auch in der Zusammenarbeit als Innenminister - als „herausragenden Juristen kennen und schätzen gelernt“. Ähnlich auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim, die Pilnacek als „einen der besten Strafrechtsexperten des Landes“ bezeichnete. FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan nannte den „hervorragenden Juristen“ eine „Persönlichkeit mit Charakter, die auch zu Widerspruch angeregt hat“. (Red.)

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