Ukrainischer Kommandeur soll die Sprengung der Nord-Stream-Pipeline koordiniert haben

Das Foto zeigt das Gasleck nach den Anschlägen auf Nord Stream 2 Ende September 2022.
Das Foto zeigt das Gasleck nach den Anschlägen auf Nord Stream 2 Ende September 2022.IMAGO/ABACA
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Eine Medienrecherche untermauert eine früher schon kolportierte Version des Anschlages auf die Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland im Vorjahr. Der 48-jährige mutmaßliche Drahtzieher, ein für Spezialaktionen ausgebildeter Ex-Geheimdienstmann, sitzt übrigens wegen eines anderen Vorwurfs in Kiew in Untersuchungshaft.

Über den Anschlag auf die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 gibt es neue Erkenntnisse - und diese deuten auf eine Beteiligung eines ukrainischen Spezialkräfte-Kommandeurs hin. Eine Recherche des Magazins „Spiegel“ und der „Washington Post“ kommt zu dem Ergebnis, dass der langjährige Agent des ukrainischen Geheimdienstes, Roman Tscherwynsky, eine maßgebliche Rolle bei den Sprengstoffanschlägen im September 2022 gespielt habe.

Konkret habe der 48-jährige Geheimdienstmann den Angriff „koordiniert“, wie es in den Berichten heißt. Tscherwynskys Name werde in diesem Zusammenhang sowohl in ukrainischen als auch in internationalen Sicherheitskreisen genannt. Dies sei der bisher deutlichste Beleg dafür, dass der Anschlag von ukrainischen Tätern verübt wurde.

Schon früher waren Medienrecherchen zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Sie beruhten darauf, dass der niederländische Militärnachrichtendienst und die CIA vorab Informationen über einen geplanten Anschlag gehabt hatten. Die Informationen bestanden darin, dass eine Gruppe, die „unmittelbar“ dem ukrainischen Generalstabschef Walerij Saluschnyj berichte, die Attacke vorbereite. Ex-Agent Tscherwynsky soll zu diesem Zeitpunkt in einer Freiwilligen-Einheit der ukrainischen Spezialkräfte gedient haben.

Weitere Indizien

Aus den neuen Recherchen des Spiegel geht nun hervor, dass Ermittler aus dem deutschen Bundeskriminalamt, der Bundespolizei und des Generalbundesanwalts weitere Indizien gesammelt haben, die diese Tatversion nahelegen. Die deutschen Sicherheitskreise seien angeblich fast überzeugt, dass zumindest der ukrainische Generalstab von der Sabotageaktion vorab gewusst habe.

Einer früheren Recherche des „Spiegel“ zufolge sei die Ukraine von westlichen Diensten damals dazu aufgerufen worden, die geplante Aktion abzublasen.

Umstrittenes Pipelines

Die Pipeline Nord Stream 2, an deren Finanzierung auch die österreichische OMV beteiligt war, war der Ukraine immer ein Dorn im Auge gewesen, weil sie - nach der früheren Inbetriebnahme von Nord Stream 1, den Gastransit aus Russland von Europa über die Ukraine zunehmend überflüssig machte und das Land so um Milliardeneinnahmen zu bringen drohte. Die USA wiederum stießen sich an ihr, weil sie eine zu enge Kooperation Russlands mit Europa befürchteten. Auch in Europa wurde von manchen diese Skepsis geteilt, zumal der Wegfall des Transits durch die Ukraine auch den Wegfall eines wirtschaftlich-politischen Druckmittels auf Moskau bedeutete.

Anschuldigung zurückgewiesen

Der Ex-Geheimdienstmann Tscherwynsky übrigens soll für die ukrainischen Geheimdiensten besonders spektakuläre Aktionen ausgeführt haben. Momentan befindet er sich in ukrainischer Untersuchungshaft und steht in Kiew vor Gericht. Beim Versuch, einen russischen Kampfjetpiloten zum Überlaufen zu bewegen, soll er Kompetenzen überschritten haben. Er selbst, ein Kritiker von Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj, spricht von einem politischen Motiv hinter der Anklage.

Tscherwynsky selbst übrigens bestritt auf Anfrage des Spiegels und der Washington Post eine Beteiligung an dem Anschlag auf Nord Stream 2. Hinweise darauf seien „russische Propaganda“, teilte sein Anwalt mit.

Auch der ukrainische Präsident Selenskyj hatte eine ukrainische Beteiligung an den Sprengungen in der Vergangenheit bestritten, eine erneute Anfrage soll die ukrainische Regierung unbeantwortet gelassen haben. (ag./est)

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