Pilnacek-Aufnahme

Warum hält die ÖVP an Wolfgang Sobotka fest?

Clemens Fabry
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Bollwerk und Bulldozer: Jeden anderen hätte die ÖVP – schon rein aus optischen Gründen im Vorwahlkampf – fallen gelassen. Nur Wolfgang Sobotka nicht.

Am Mittwochvormittag, nach all den Anwürfen der Opposition im Parlament gegen ihn, wirkte sogar Wolfgang Sobotka für seine Verhältnisse angeschlagen. Bisher war er Bollwerk und Bulldozer gewesen. Einer, der sich auch bei Gegenwind demonstrativ standhaft zeigte und weitermarschierte. Das war und ist es auch, was ihn im innerparteilichen Gefüge der ÖVP bisher so wertvoll, um nicht zu sagen unverzichtbar machte. Sobotka hielt dem Druck stets stand, scheinbar mühelos, und war damit auch ein Vorbild für andere. Die einen gingen – von Sebastian Kurz abwärts –, Wolfgang Sobotka blieb.

Und Sobotka hat schon viele Pfeile auf sich gezogen: vom Vorwurf verspekulierter Wohnbaugelder als Landesrat in Niederösterreich über unlautere Interventionen als Innenminister bis zum Verdacht der verdeckten Parteispenden als Präsident des Alois-Mock-Instituts.

Jeden anderen hätte die ÖVP längst fallen gelassen. Allein schon aus optischen Gründen im Hinblick auf das Image, erst recht im Hinblick auf einen bevorstehenden Wahlkampf. Im Falle von Wolfgang Sobotka jedoch ist das anders. Da stellte Parteichef Karl Nehammer am Mittwoch nach dem Auftauchen neuer Vorwürfe gegen Sobotka unmissverständlich klar: „Er hat mein Vertrauen.“ Der frühere Justizministerium-Sektionschef Christian Pilnacek hatte sich in einem heimlich aufgenommenen Gespräch darüber beklagt, dass Wolfgang Sobotka bei ihm interveniert habe, um Ermittlungen einzustellen und in Verfahren einzugreifen.

Eigentlich ist Wolfgang Sobotka Erster Nationalratspräsident, somit der zweithöchste Mann im Staat, und wäre damit zu einer gewissen überparteilichen Stellung verpflichtet – zumindest dem Anschein nach. Doch Sobotka legte seine Rolle von Beginn an ganz anders an. Er machte zwar auch auf Staatsmann in seiner Rolle als Nationalratspräsident – durchaus amtsentsprechend bei seinen Auftritten im Ausland, bei Festveranstaltungen im Parlament und dem Kampf gegen den Antisemitismus, der ihm persönlich ein Anliegen ist –, aber er blieb immer auch in der Rolle des Parteipolitikers verhaftet.

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