Insolvenz

Jetzt sind die Gläubiger von René Benkos Signa am Wort

Die alle Signa-Firmen von René Benko ummantelnde Mutter Signa Holding ist insolvent. Was wird wohl von dem Immobilien-Imperium übrig bleiben?
Die alle Signa-Firmen von René Benko ummantelnde Mutter Signa Holding ist insolvent. Was wird wohl von dem Immobilien-Imperium übrig bleiben?Clemens Fabry
  • Drucken

Die erste Versammlung der Gläubiger der wichtigsten und nun insolventen Signa-Unternehmen war mit Spannung erwartet worden. Aus Sicht der Signa-Verwalter sei die Finanzierung gesichert. Das sehen die Kreditschützer aber anders.

Wien. „Es ist der Tag der Entscheidung“, sagt Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Kreditschützers Creditreform zur „Presse“. Vor dem größten Saal, den das Wiener Handelsgericht zu bieten hat, wurde vor Einlass noch emsig geplaudert. Erstmals traten die Gläubiger der Signa Prime und der Signa Development zusammen – der beiden wichtigsten Gesellschaften in René Benkos Immobiliengeflecht Signa. Diese Firmen vereinen die einst hoch bewerteten Immobilien und Baustellenprojekte unter sich. Wenn die Schulden bedient werden sollen, dann wohl am ehesten aus dem Verkauf dieser werthaltigen Portfolios.

Als einer der Ersten betrat der Signa-Sanierungsvorstand, Erhard Grossnigg, den Saal. Der 77-Jährige hatte von Bestandsinvestoren bis heute, 15. Jänner, rund 350 Millionen Euro eingefordert. Zuvor hatte nur Signa-Gesellschafter Hans Peter Haselsteiner öffentlich signalisiert, möglicherweise eine Geldspritze zu unterstützen. „Ohne die 350 Millionen Euro werden die Aufrechterhaltung der Liquidität und die Verhinderung eines Fire-Sales unwahrscheinlich“, sagte Weinhofer.

Weitere Pleiten nicht ausgeschlossen

Doch auch ohne weitere Finanzspritze sieht der Sanierungsverwalter „die laufende Finanzierung des operativen Betriebs der Signa Prime Selection AG laut vorgelegtem Finanzplan“ gesichert. Das geht aus einer Aussendung des Masseverwalters hervor. „Finanzielle Mittel zur Finanzierung eines Sanierungsplans können jedenfalls durch strukturierte Verwertung der Immobilien-Portfolios erwirtschaftet werden.“ Weitere Insolvenzverfahren einzelner Immobilien-Projektgesellschaften bzw. Service-Gesellschaften könnten zur Restrukturierung und Sicherung des Fortbestands der Unternehmensgruppe nicht ausgeschlossen werden, haben jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Fortbestand der Signa Prime, hieß es weiter.

„Der weiteren Unternehmensfortführung der Signa Prime Selection AG sowie dem Abschluss eines Sanierungsplans stehen nach derzeitigem Kenntnisstand keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen“, sagte der Masseverwalter Norbert Abel per Aussendung. „Im Interesse der Gläubiger gilt der Grundsatz: Unternehmenssanierung vor Zerschlagung.“ Fragen wurden bei der Versammlung heute nicht gestellt. Damit bleibt vieles noch im Unklaren über die Zukunft der Signa Prime.

Zu den Signa-Prime-Großaktionären gehören neben der Signa Holding Stiftungen rund um René Benko, der deutsche Logistiker-Milliardär Klaus-Michael Kühne, die deutsche Fondsgesellschaft Union Investment Institutional, die französische Milliardärsfamilie Peugeot und die deutsche RAG-Steinkohlebergbau-Stiftung. Weitere private und institutionelle Investoren halten Anteile von jeweils unter vier Prozent an der Signa Prime. Hans Peter Haselsteiner ist neben der Signa-Holding auch bei Signa Development investiert.

Die Aufarbeitung aller Informationen sei äußerst aufwendig, heißt es von der Sanierungsverwalterin der Signa Development. Auch sie sieht die Finanzierung des Fortbetriebs gesichert. „Der Fokus liegt weiter darauf, das Unternehmen zu stabilisieren”, sagt Andrea Fruhstorfer. Bisher haben 14 Gläubiger Forderungen an Signa Development in Höhe von Euro 470,29 Mio. Euro angemeldet.

Ex-Kanzler Gusenbauer hat „reines Gewissen“

Zuvor äußerte sich der Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der nicht nur seit 15 Jahren René Benko berät, sondern sogar Aufsichtsratsvorsitzender der inzwischen insolventen zwei großen Signa-Gesellschaften ist. Über seine Rolle bei dem strauchelnden Unternehmen brodeln innenpolitische Debatten und bringen seine eigene Partei in Erklärungsnot. Führende SPÖ-Politiker fordern seinen Austritt. Unterdessen lud die Regierungspartei ÖVP ihn zum neuen U-Ausschuss. Dieser wolle er Folge leisten.

»„Ich habe aber ein reines Gewissen, dass wir all das gemacht haben im Aufsichtsrat, was wir tun sollten und tun mussten.“«

Alfred Gusenbauer

Ehemaliger Bundeskanzler (SPÖ) und Aufsichtsratschef mehrerer Signa-Firmen

„Ich habe aber ein reines Gewissen, dass wir all das gemacht haben im Aufsichtsrat, was wir tun sollten und tun mussten“, ließ Gusenbauer in einem Ö1-Interview wissen. Schuld an der Misere seien mehr die veränderten Marktbedingungen – allen voran das Ende der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank.

Das Luxuskaufhaus Lamarr in Wien sollte ursprünglich 2025 fertiggestellt werden.
Das Luxuskaufhaus Lamarr in Wien sollte ursprünglich 2025 fertiggestellt werden. APA/AFP/Joe Klamar

Viele Investoren sind erbost und fühlen sich über den Tisch gezogen. Ob sie ausreichend informiert wurden, könnte noch ein Thema vor Gericht werden. Immer wieder legte Signa die Bilanzen verspätet offen. Gusenbauer hat den Vorstand laut eigenen Angaben aufgefordert, diese Praxis zu unterlassen.

Konsequenzen fordert indessen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Er will eine „massive Erhöhung“ der Strafen, wenn Bilanzen nicht korrekt gelegt würden. Die derzeitige Höhe sei viel zu niedrig, „das ist ja nicht einmal die Portokassa“. Auch sei das Unternehmensrecht so zu verschärfen, „dass von vornherein viel mehr offengelegt werden muss“, sagte der Politiker der APA. Gusenbauers Tätigkeit bei Signa „riecht nach schwerwiegender Unvereinbarkeit“, meint Kogler. Er fordert Regeln, dass es künftig „keine legalen Verstecke durch bestimmte Gesellschaftskonstruktionen gibt“.

Verschenkte die Regierung Geld?

Bisher hält sich der öffentliche Schaden in Österreich derzeit noch in Grenzen. Ganz anders in Deutschland. Dort hat der Staat zwischen 2020 und 2022 etwa 680 Millionen Euro zur Rettung von Galeria Karstadt Kaufhof fließen lassen. Heute ist klar: umsonst. Und auch die Luxuskaufhäuser der KaDeWe-Gruppe profitierten von großzügigen Finanzspritzen.

Laut der Tageszeitung „Bild“ wurde der Geldregen intern als „einmaliges Geschenk“ zelebriert. Demnach habe das KaDeWe-Management im Sommer 2020 das Corona-Angebot abgewogen, eine Bürgschaft von Bund und Ländern für einen Millionenkredit bei der Großbank BNP zu nutzen. Dabei war die Staatshilfe gar nicht nötig, „aktuell kein Liquiditätsproblem“, hielt man damals dazu fest.

Man sah darin Vorteile wie einen „flexiblen Zugriff“ auf bis zu 90 Millionen Euro. In einer internen Präsentation bezeichneten die Benko Nahestehenden das Angebot sogar als „once in a lifetime gift by the German State“ – also als einmaliges Geschenk der deutschen Regierung.

Die Bürgschaft schonte die Liquidität von Signa beträchtlich. Um sich diesen Vorteil zu sichern, nutzte man auch „politische Einflussmöglichkeiten“, so die Unterlagen. Vielleicht wäre Signa schon viel früher zusammengebrochen, hätte der deutsche Staat nicht ausgeholfen. Welche Verflechtungen es zwischen Politik und der Signa gab, wird nun immer offensichtlicher.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.