Spitzelskandal im U-Ausschuss

Ott für ÖVP „ein Spion der FPÖ“

Christian Hafenecker (FPÖ, im Bild) und Andreas Hanger (ÖVP) streiten um die Deutungshoheit in der Ott-Affäre.
Christian Hafenecker (FPÖ, im Bild) und Andreas Hanger (ÖVP) streiten um die Deutungshoheit in der Ott-Affäre.APA (ROLAND SCHLAGER)
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Ex-FPÖ-Mann Jenewein rückt ins Zentrum. Auch die Grünen nennen ihn einen wichtigen „Mittelsmann“.

Die Verhaftung des Ex-BVT-Beamten Egisto Ott will nicht nur die ÖVP als ein willkommenes Momentum für sich nutzen, Herbert Kickls Kanzleraussichten zu trüben. Die Koalition tut das mit teils identischen Worten: Das von den Grünen am Freitag bemühte Wort „Verrat“ griff Andreas Hanger (ÖVP) am Montag erneut auf, um Ott im ÖVP-Klub vor Journalisten quasi als Spion der FPÖ zu skizzieren. Kickl habe als Innenminister die „Sicherheit Österreichs verraten“, sagte Hanger.

Die mutmaßliche Spionageaffäre wird diese Woche damit auch die Befragungen in dem von der ÖVP begehrten U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ dominieren. Die Vorwürfe, die der „Kurier“ mit Verweis auf Akten aus FPÖ-Ministerien am Montag berichtete – Hanger verwies auf „Postenschacher“, mutmaßliche Inseratenkorruption und „Scheinangebote“ –, seien dagegen „Lausbubenstreiche“.

Welche Rolle spielte Jenewein?

Was der ÖVP-Fraktionsführer am Montag als Argumente nannte, ist großteils bekannt. Zum einen geht es um mutmaßliche Deals, für die auch Geld geflossen sein sollen. Das legen Chats nahe, die die „Presse“ schon 2022 zitierte. Zudem hätte Ott eine „maßgebliche Rolle“ in der Neugestaltung des BVT erhalten sollen, nachdem Kickl dieses mit der Razzia 2018 „zerstört“ habe. Ott, der „mutmaßlich russische Spion“, scheint in einem Organigramm des „BVT neu“ auf, das auch der „Presse“ vorliegt.

Als zentrales Verbindungsglied zwischen FPÖ und Ott sieht Hanger Hans-Jörg Jenewein, den ehemaligen Sicherheitssprecher der FPÖ. Tatsächlich spielt dieser eine wichtige Rolle: In Chats, die seit 2022 kursieren, soll Jenewein Richtung Ott versprochen haben, dass man „für alle, die da mitgeholfen haben, eine gute Lösung finden“ werde. Darin sieht Hanger den Beweis, dass Ott für seine Dienste mit dem BVT-Job belohnt werden sollte. Doch es ging bekanntlich auch um Geld: Jenewein schreibt in einem von der „Presse“ 2022 zitierten Chat von einer Summe („50“), für die er aber noch kein „Okay“ habe. Wofür Ott das Geld erhalten sollte, ist aber unklar. Für Hanger ist das der Beweis für einen „Auftrag, für die FPÖ zu spionieren“.

2021 kam es infolge der Chats tatsächlich zu einer Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft Wien bei Jenewein. Die Anordnung liegt der „Presse“ vor. Darin heißt es unter anderem, dass Jenewein Ott angestachelt haben soll, ihm die Namen der Ermittler der „Soko Tape“ zu verraten, die damals rund um das Ibiza-Video ermittelten. Auch die bemerkenswert lange Auflistung von sichergestellten Gegenständen liegt der „Presse“ vor: Dutzende Datenträger, darunter mehrere iPhones, MacBooks, iPads, Speicherkarten und USB-Sticks, wurden bei Jenewein sichergestellt. „Es wird immer klarer, dass Jenewein der zentrale Mittelsmann zwischen FPÖ und Ott gewesen ist“, sagt auch der Grüne David Stögmüller zur „Presse“. Er ist Mitglied im U-Ausschuss.

FPÖ verweist auf Gridling

Die FPÖ relativiert heute die Rolle, die Jenewein in der Partei gespielt hat. Er ist seit August 2022 kein Parteimitglied mehr. „Es gibt halt oft welche, die sich wichtigmachen“, sagte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker am Montag. Jenewein sei nicht in der Position gewesen, über Funktionen zu entscheiden. Während des Ibiza-U-Ausschusses soll er aber Dreh- und Angelpunkt im FPÖ-Klub gewesen ein, wie es Mandatare anderer Fraktionen berichten. Die Chats wollte Hafenecker am Montag nicht interpretieren. Dazu müsse man Ott und Jenewein befragen.

Das will die ÖVP auch tun. Neben Kickl und dessen ehemaligen Kabinettchef im Innenministerium, Reinhard Teufel, soll auch Jenewein in den U-Ausschuss geladen werden. Ob er auch kommen wird bzw. ob sich das mit den verbleibenden Befragungstagen ausgeht, ist auf Nachfrage im ÖVP-Klub aber unklar.

Man versuche, die FPÖ „anzuschütten“, wehrte sich der Blaue. Das zitierte Organigramm kenne er nicht. Er verwies dafür auf den „Hauptschuldigen“ Peter Gridling (ehemals BVT-Chef, Anm.), der „nie irgendetwas im Griff“ gehabt habe und der von Ex-Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) geholt worden sei. Der Blaue verwies auch auf die Zuständigkeit von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), unter dem Ott suspendiert und dann wieder eingesetzt wurde. Die Causa habe „nichts mit uns zu tun“, sagte Hafenecker.

„Für wie dumm hält uns ÖVP?“

Mit der türkisen Sichtweise auf die Vorgänge zeigten sich die Neos am Montag höchst unzufrieden. „Für wie dumm hält uns die ÖVP?“, schrieb Stephanie Krisper, pinke Sprecherin für Inneres, am Montag auf der Social-Media-Plattform X. „Was sie nun betreibt, ist Kindesweglegung!“ Zwar stünden die „skandalösen Russland-Verbindungen“ der Blauen „außer Frage“, doch sei es die ÖVP gewesen, die sie in die türkis-blaue Bundesregierung geholt habe.

Die Verantwortung, dass ein „Jan-Marsalek-Netzwerk“ das Innenministerium „infiltrieren konnte“, liege bei der ÖVP. Sie sei daran gescheitert, dafür zu sorgen, dass im Verfassungsschutz „professionell“ für die Sicherheit Österreichs gearbeitet werde.

Auf einen Blick

Die ÖVP sieht die FPÖ im Zentrum der mutmaßlichen Spionageaffäre. Als Beweis sollen Chats dienen, die bereits seit 2022 kursieren. Sie sollen eine Zusammenarbeit zwischen dem ehemaligen FPÖ-Mandatar Hans-Jörg Jenewein und Egisto Ott zeigen.

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