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„Trojanischer Esel“: Debatte um Spionage und die Rolle der FPÖ

Taferlkrieg: Herbert Kickl präsentiert eine Foto mit Wolfgang Sobotka und Jan Marsalek.
Taferlkrieg: Herbert Kickl präsentiert eine Foto mit Wolfgang Sobotka und Jan Marsalek. APA / Helmut Fohringer
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Alle Parteien kritisieren die Rolle der Freiheitlichen in der Affäre um verkaufte Geheim-Infos. Die FPÖ spricht von „Desinformation der Einheitspartei“.

Die Einführung einer Leerstandsabgabe für Wohnungen, der Handwerkerbonus oder die Neugestaltung der Lehrer-Ausbildung stehen am Mittwoch auf der Tagesordnung des Nationalrats. Die Debatten drehen sich aber um ein anderes Thema: Die Spionageaffäre um Egisto Ott und der angebliche Verkauf von Geheim-Informationen an Russland erhitzen die Gemüter.

Die ÖVP hat das Thema gleich eingangs in der „Aktuelle Stunde“ aufs Tapet gebracht. Es geht um eine Abrechnung mit der FPÖ, die Volkspartei setzt seit Tagen auf das Thema. Generalsekretär Christian Stocker startet die Angriffe: Unter Innenminister Herbert Kickl sei der Staatsschutz zerstört worden. Heute sei klar, dass ein Netzwerk rund um den mutmaßlichen Spion Egisto Ott die Grundlagen für die Razzia im BVT geliefert habe und dieses Netzwerk enge Verbindungen zur FPÖ gehabt habe.

Viele Taferln im Umlauf

Stocker bereitet das von ihm vermutete Netzwerk grafisch auf, auf einem Taferl sieht man die Verbindungen von Ott zu FPÖlern und von diesen zu Kickl. Auch die FPÖ hat Taferln vorbereitet, sie zeigen das bekannte Foto von Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek mit ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Die FPÖ sei in Wirklichkeit ein Russland-Trojaner, sagt Stocker. „Die Frage ist nur, ob ein trojanisches Pferd oder ein trojanischer Esel.“

Auch die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer stimmt in die Anti-Kickl Strategie ein. Sie kritisiert die „mutwillige Zerschlagung des Staatsschutz“ durch die überfallsartigen Razzia unter Kickl als Innenminister. Der FPÖ hält sie enge Verbindungen nach Russland vor und verweist auf den Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland. Dieser sei entgegen der Aussagen der FPÖ „nach wie vor aufrecht“. „Ja wo ist denn die Kündigung?“, fragt Maurer in Richtung FPÖ und wirft ihr Unglaubwürdigkeit in dieser Frage vor.

SPÖ und Neos gehen das Thema etwas differenzierter an. Auch sie schießen sich auf die FPÖ ein – aber nicht nur auf diese. SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner spricht von einem „unwürdigen Schauspiel“, dass FPÖ und ÖVP, welche seit 24 Jahren das Innenministerium führen, nun die Verantwortung hin und her schieben würden. Die ÖVP erinnert er daran, dass der heutige Bundeskanzler Karl Nehammer damals als ÖVP-Generalsekretär die BVT-Razzia öffentlich unterstützt hatte.

„Kindesweglegung der ÖVP“

„Es ist unfassbar, wie sie die Geschichte umschreiben und sich aus der Verantwortung stehlen“, sagt auch Neos-Mandatarin Stephanie Krisper und wirft der ÖVP „Kindesweglegung“ vor. Schließlich sei es die ÖVP gewesen, die die FPÖ an die Regierung gebracht und auch zugelassen habe, dass Kickl Innenminister wurde.

Und die FPÖ? Parteichef Herbert Kickl sitzt gemeinsam mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer auf seinem angestammten Platz in der ersten Reihe, gibt sich gut gelaunt und feixend und fällt mit zahlreichen Zwischenrufen auf. Auf der Rednerliste steht er nicht, geht dann aber spontan doch ans Podium, um mit einer sehr emotionalen Rede zu kontern. Das sei keine aktuelle Stunde, sondern die „Stunde der Desinformation der Einheitspartei“ sagt er.

Was die Wahrheit aus seiner Sicht ist? Dass das BVT zum Zeitpunkt seines Amtsantritts als Innenminister eine „verwahrloste, heruntergekommene Einrichtung“ gewesen, geprägt von Schlampereien. Dieser „desaströse Zustand“ sei das Ergebnis der jahrzehntelangen ÖVP-Verantwortung in diesem Bereich gewesen, die damit den „Nährboden“ für den Informationsabfluss aufbereitet habe. Die Razzia im BVT sei in der Verantwortung der Justiz gelegen und nicht in der des Innenministers, die Anzeige seines Generalsekretärs, die dazu geführt hat, sei nicht ein Anschlag gewesen, sondern die „Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht“. „Ja wissen Sie das nicht“, so Kickl zu den Abgeordneten in nun schon deutlich gehobener Lautstärke. „Das ist ja nur noch erbärmlich.“

Leerstandsabgabe und Tempo 30

Inhaltliche Entscheidungen gibt es dann auch noch. So beschließt der Nationalrat mit Zustimmung auch der SPÖ, dass die Länder künftig eine effektive Leerstandsabgabe einheben können. Entsprechende Abgaben fallen bereits in den meisten Ländern an, allerdings können sie nur eingeschränkt verhängt werden. Nunmehr gibt der Bund die Abgabe quasi frei. Mehrere Länder haben schon angekündigt, davon Gebrauch zu machen.

Mehr Rechte gibt es auch für die Gemeinden, sie können künftig einfacher Tempo 30 verhängen. Gemäß Gesetzestext kann die Behörde in Ortsgebieten in Bereichen mit besonderem Schutzbedürfnis wie z.B. Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Senioreneinrichtungen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit verringern, sofern die Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Fußgängern oder Radfahrern geeignet ist.

Claudia Plakolm (ÖVP) kann nun offiziell Digitalisierungs-Staatssekretärin werden. Das Bundesministeriengesetz wurde entsprechend geändert.

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