Vision

Eine Klima-Blaupause für die nächste Regierung

2032 könnte es Österreich geschafft haben, sagt eine Initiative rund um Unternehmerinnen, Forscher und Aktivisten.
2032 könnte es Österreich geschafft haben, sagt eine Initiative rund um Unternehmerinnen, Forscher und Aktivisten. Reuters / Stephane Mahe
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Experten fordern einen eigenen Regierungskoordinator für die grüne Wende, eine Reform der Merit-Order und Netzausbau auf Pump.

Beim Thema Klima werden die Fronten in der öffentlichen Debatte scheinbar immer härter. Umso beachtlicher ist die Initiative „Mehr Grips“, die Industrielle, Wirtschaftsforscher, Ökologen, Klimaaktivisten und Kammerfunktionäre zusammenbringt, um auszuloten, wieviel Gemeinsamkeit in Österreich in Sachen grüner Wende möglich ist. Das Ergebnis ist ein überraschend striktes Maßnahmenbündel, das auch Dinge fordert, die heute von vielen (wieder) infrage gestellt werden. „Leitbild ist die Vision, dass wir es 2032 geschafft haben“, sagt Infineon-Chefin Sabine Herlitschka, die neben AMS-Vorstand Johannes Kopf, Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr, Industriellenvereinigungs-Generalsekretär Christoph Neumayer, Biodiversitätsforscher Franz Essl und vielen anderen an dem Programm gearbeitet haben. Geschafft heißt hier übrigens nicht nur, dass die Emissionen gesunken sind, sondern auch, dass Österreich eine saubere, sichere und vor allem leistbare Energieversorgung gewährleisten kann. Um das zu erreichen, greifen die Expertinnen allerdings tief in die Trickkiste. Denn in den bestehenden politischen Strukturen Österreichs halten sie dieses Kunststück für schwer schaffbar.

„Zunächst müssen wir die ökologische Transformation an sich außer Streit stellen“, sagt der frühere Verbund-General Wolfgang Anzengruber. Als wäre dieser parteienübergreifende Schulterschluss nicht schwer genug, kommt auf Platz zwei der Liste bereits die Forderung nach einer ministerienübergreifenden Koordinierungsstelle für die grüne Wende, die – beim Bundeskanzler angesiedelt – auch mit entsprechenden Durchgriffsrechten ausgestattet sein müsste. Diese Stelle müsse darüber wachen, dass die notwendigen Schritte aufeinander abgestimmt und tatsächlich umgesetzt werden.

Kein Geld für Perpetuum mobile

Maßnahmen, die vom IV-Chef bis zur Klimaaktivistin Katharina Rogenhofer alle Beteiligte unisono forderten, umfassen unter anderem verbindliche Grenzwerte für die Ver- und Entsiegelung von Böden, den Abbau klimaschädlicher Subventionen, eine Reform des Merit-Order-Systems oder die Finanzierung des Netzausbaus über öffentliche Schulden. Grenzen sehen die Expertinnen in der oft geforderten Technologieoffenheit. Natürlich sei es notwendig, in alle Richtungen zu forschen, aber bei den öffentlichen Förderungen müsse es mehr Klarheit geben, so Anzengruber. „Man kann nicht Unmengen an Steuergeld für den Bau eines Perpetuum mobiles bereitstellen.“ An den Strommärkten plädiert er für eine Reform der Merit-Order. Aktuell würden die Unternehmen nicht davon profitieren, dass 80 Prozent des Stroms klimafreundlich zu niedrigsten Kosten produziert würden, weil immer noch teure Gas- und Kohlekraftwerke den Preis für alle verkauften Strommengen setzen.

CO2-Preis nicht abschaffen

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr mahnte ein, die bestehende Bepreisung von CO2 nicht wieder aufs Spiel zu setzen. Spätestens ab 2027 komme ohnedies ein europäischer CO2-Markt für private Haushalte. Statt nun so zu tun, als könne man sich davor drücken, sollte Österreich eher darauf achten, die Mittel aus der CO2-Bepreisung sinnvoll einzusetzen. Ein Großteil der Gelder solle in seinen Augen in die Dekarbonisierung bzw. einen sozial gestalteten Klimabonus fließen und nicht mit der Gießkanne verteilt werden. (auer)

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