"Gewetzte Messer": Pakistanische Extremisten drohen Malala

Eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban droht der 17-Jährigen, die am Freitag mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Nur Stunden nach der Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis hat die junge Aktivistin Malala Yousafzai via Internet eine Drohung pakistanischer Extremisten erhalten. Eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban drohte ihr noch am späten Freitag mittels Twitter.

"Charaktere wie Malala sollten wissen, dass wir nicht von der Propaganda (Ungläubiger) abgeschreckt werden. Wir haben scharfe und gewetzte Messer für die Feinde des Islam vorbereitet", hieß es darin. Verfasst hatte die Kurznachricht die Jamaat ul Ahrar, die sich im August von der Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) abgespalten hatte.

Die 17-jährige Malala, die vor zwei Jahren nach einem Kopfschuss durch Taliban in Pakistan fast ums Leben gekommen wäre, lebt heute in Großbritannien. Die TTP, eine Dachorganisation von mehr als einem Dutzend Gruppen, hat sich bisher nicht zu der Auszeichnung der Kinderrechtsaktivistin geäußert. In Ihrer pakistanischen Heimat erhielt die jüngste Nobelpreisträgerin seit der Einführung der Auszeichnung Lob und Anerkennung, die wichtigen Tageszeitungen berichteten auf ihren Titelseiten über das Ereignis.

Sie ist erst 17 Jahre alt - und schon Friedensnobelpreisträgerin: Malala Yousafzai, Schülerin und Kinderrechtsaktivistin. Schon mit elf Jahren war sie Aktivstin: Unter dem Pseudonym Gul Makai ("Kornblume") führte sie auf Betreiben ihres Vaters Zuaiddin, eines Schuldirektors, ein Tagebuch. (c) REUTERS (� Olivia Harris / Reuters)

Die BBC strahlte die Notizen auf ihrem Urdu-Programm aus. Malala schilderte darin die Schreckensherrschaft der Taliban, die für zwei Jahre die Kontrolle im gebirgigen Swat-Tal - der "Schweiz Pakistans" - übernommen hatten. Wie zu Zeiten ihres Regiments in Afghanistan verbannten sie die Mädchen aus den Schulen und führten wieder die Burka ein. Eindringlich beschrieb sie in ihren Notizen die Angst vor deren Willkür. Vor allem jedoch äußerte sie ihren unbändigen Wunsch, wieder die Schule besuchen zu dürfen. Pakistan zeichnete sie mit Preisen aus, darunter dem Friedenspreis. Der Anonymität entrissen wurde das Mädchen den Taliban als Exempel für die "westliche Kultur" zum Dorn im Auge. (c) REUTERS (� Handout . / Reuters)

Am 9. Oktober 2012 stoppte ein Taliban-Kommando im nordpakistanischen Swat-Tal einen Schulbus, zwei Männer drangen ins Innere ein und schrien: "Wo ist Malala? Wer ist Malala?" Sie wäre leicht zu identifizieren gewesen. In die Panik hinein sprach das einzige Mädchen ohne Schleier mit ruhiger Stimme: "Ich bin Malala." Sekunden später krachten Schüsse, und Malala sackte, von einer Kugel im Kopf getroffen, zusammen. (c) REUTERS (� Stringer Pakistan / Reuters)

Der Bus raste ins nächste Spital, und es begann der wochenlange Kampf um das Überleben des Mädchens. In Peschawar operierten Ärzte die Kugel heraus, die in der Schulter stecken blieb, nachdem sie die linke Stirn durchbohrt hatte. Die Behandlung führte sie weiter in ein Militärkrankenhaus nach Islamabad und schließlich in eine Spezialklinik nach Birmingham. EPA

Die Tat wühlte Pakistan auf. Viele beteten für Malala, 50 Muftis verhängten eine Fatwa gegen die Täter, der Präsident und sein Premier eilten ans Krankenbett, um ein Zeichen zu setzen im Krieg gegen die Taliban. Sie sei wie eine Tochter für ihn, erklärte der Ministerpräsident. Fünf Monate später meldete sich Malala, inzwischen von einem Schleier umhüllt, der ihre Wunden notdürftig verdeckte, selbst zu Wort - eine trotzige Selbstbehauptung. Kurz darauf kehrte sie in eine Schule zurück, wenngleich aus Sicherheitsgründen in Birmingham, wohin ihr auch ihre Familie gefolgt war. (c) REUTERS (� Muhammad Hamed / Reuters)

Die Taliban bringen Malala jedenfalls nicht zum Schweigen. Regelmäßig meldet sie sich zu Kinderrechten zu Wort. Zu Ehren des pakistanischen Teenagers Malala Yousefzai hat die UNO ihren Geburtstag, den 12. Juli, zum "Malala-Tag" ausgerufen. (c) APA/EPA/ANDREW GOMBERT (ANDREW GOMBERT)

An ihrem 16. Geburtstag hielt sie aus diesem Anlass eine selbstbewusst vorgetragene Rede vor den Vereinten Nationen. "Greifen wir zu unseren Büchern und Kugelschreibern. Das sind unsere mächtigsten Waffen. Ein Kind, ein Lehrer, ein Stift und ein Buch können die Welt verändern. Bildung ist die einzige Lösung", lautete ihr idealistischer Appell, der ihr den Applaus des Auditoriums einbrachte. EPA

Als Kinderrechtsaktivistin traf Malala bereits etliche Staatsoberhäupter. Selbst die Queen hat sie bereits empfangen.

In diesem Sommer traf sie auch Nigerias Präsident Goodluck Jonathan - und forderte während des Besuchs von den Islamisten der Gruppe Boko Haram die Freilassung entführter Schulmädchen. (c) APA/EPA/DEJI YAKE (DEJI YAKE)

Auch unter die Buchautoren ging Malala bereits. Im Herbst 2013 erschien ihre Biografie "I am Malala". (c) REUTERS (� Olivia Harris / Reuters)

Im Vorjahr erhielt die damals 16-Jährige den Sacharow-Preis für geistige Freiheit des EU-Parlaments. Parlamentspräsident Martin Schulz würdigte die Schülerin als Heldin, die ihren "Einsatz für das Recht auf Bildung überlebt hat". (c) REUTERS (� Vincent Kessler / Reuters)

Eigentlich wollte Malala Ärztin werden. Mittlerweile hat sie jedoch mehrmals angekündigt, in die Politik gehen zu wollen. Ich denke, dass meine Leute mich brauchen, deswegen erhebe ich meine Stimme", erklärte Malala in einem Interview mit dem US-Sender CNN. Sie verteidige das Recht auf Bildung, auf Spielen, auf Singen, auf Reden, auf Marktbesuche. Dafür trachten ihr die Taliban bis heute nach dem Leben. REUTERS

(APA/dpa)