Simbabwe: "Cholera ist kalkulierte Kriegsführung"

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Simbabwe gibt Großbritannien die Schuld am Ausbruch der verheerenden Cholera-Epidemie. Die Krankheit hat sich in den vergangenen Tagen sprunghaft ausgebreitet, auch in alle Nachbarländer.

Simbabwe gibt der früheren Kolonialmacht Großbritannien die Schuld am Ausbruch der verheerenden Cholera-Epidemie in dem südafrikanischen Land. Informationsminister Sikhanyiso Ndlovu bezichtigte London am Freitag vor Journalisten des versuchten "Völkermordes" an den Simbabwesen. "Die Cholera-Epidemie ist eine ernstzunehmende biologische, chemische Kriegsführung, ein Angriff auf die Bevölkerung von Simbabwe durch die Briten", sagte er: "Es ist Völkermord."

Es handle sich um eine "genau kalkulierte Kriegsführung", sagte Ndlovu weiter: "Es gibt Kräfte, die fortwährend Milzbrand und Cholera verbreiten." Staatschef Robert Mugabe hatte erst am Donnerstag den Cholera-Ausbruch in seinem Land für beendet erklärt. Wegen steigender Zahlen von Cholera-Toten und -Erkrankten sorgte dies weltweit für einen Aufschrei der Empörung. Hilfsorganisationen warnten, es könne Monate dauern, bis die Epidemie unter Kontrolle sei.

Mugabe-Aussagen relativiert

Die Regierung in Harare versuchte am Freitag Äußerungen von Präsident Robert Mugabe zu relativieren, wonach es in seinem Land keine Cholera mehr gebe. Mugabe-Sprecher George Charamba betonte, es habe sich um Ironie gehandelt. Der 84-Jährige hatte bei einem Staatsbegräbnis erklärt, sein Land habe gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation die Cholera unter Kontrolle. Er erklärte: "Es gibt keine Cholera (mehr). Damit gibt es auch keinen Grund mehr für Krieg."

Seine Äußerungen hatten für Verwirrung bei ausländischen Helfern gesorgt, da es bisher keine Anzeichen für ein Abflauen der Epidemie gibt. Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) - die in fast allen Provinzen des Landes Behandlungszentren eingerichtet haben - erklärten am Freitag, das Land erlebe den schwersten Cholera-Ausbruch seit Jahren. Hunger und mangelnde Wasserqualität verschlimmerten die Lage. Simbabwe hatte in der vergangenen Woche deswegen den nationalen Notstand ausgerufen.

60.000 Erkrankte?

Von der Cholera-Epidemie sind nach Angaben der Hilfsorganisation Oxfam deutlich mehr Menschen betroffen als bisher angenommen. Er gehe von etwa 60.000 Erkrankten aus, sagte der Geschäftsführer von der Hilfsorganisation Oxfam Deutschland, Paul Bendix, am Freitag im RBB-Inforadio. Es gebe auch Belege dafür, dass die Zahl der Toten weit über den bisher genannten 750 liege. Vor allem die schlechte Wasserqualität und der Hunger verschlimmere die Situation der Menschen dramatisch, sagte Bendix.

Die Cholera-Epidemie hat sich in den vergangenen Tagen sprunghaft ausgebreitet. Die UNO gab am Donnerstag erneut gestiegene Opferzahlen bekannt. Demnach sind in dem Land bereits 783 Menschen an der Krankheit gestorben, mehr als 16.000 sind infiziert.

Auch Nachbarländer betroffen

Betroffen sind mittlerweile auch alle Nachbarländer. In der Stadt Beitbridge an der Grenze zu Südafrika haben MSF-Mitarbeiter bisher mehr als 3000 Patienten mit Verdacht auf Cholera versorgt, berichtete die Organisation. Das dortige Team habe die Sterblichkeitsrate aber von 15 Prozent in den ersten Tagen des Ausbruchs mittlerweile auf weniger als ein Prozent senken können. Laut Hilfsorganisation Oxfam gibt es Belege dafür, dass die Zahl der bisherigen Toten weit über der offiziellen von knapp 800 liege. Oxfam geht von etwa 60.000 durch die Epidemie gefährdeten Menschen aus.

(APA)

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