Islam-Studie: Autor wehrt sich gegen Diffamierung

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Soziologen halten Methode der Befragung für wissenschaftlich korrekt. Schützenhilfe für Khorchide kommt auch von Hilde Weiss vom Institut für Soziologie, die seine Dissertation betreute.

WIEN. „Ich kann nicht verstehen, warum die Glaubensgemeinschaft versucht, mich und meine Studie zu diffamieren“, sagt Mouhanad Khorchide. Der Islamwissenschaftler und Soziologe hatte mit seiner Dissertation, laut der jeder fünfte islamische Religionslehrer die Demokratie ablehnt, für große Aufregung gesorgt. In weiterer Folge hatte die Islamische Glaubensgemeinschaft die Wissenschaftlichkeit der Arbeit in Frage gestellt und über „suggestive Fragestellungen“ geklagt.

Vor zwei Jahren sei man stolz auf seine Studie über die Einstellungen muslimischer Jugendlicher gewesen, deren Ergebnisse der Glaubensgemeinschaft entgegengekommen seien, klagt Khorchide. Jetzt, wo die Ergebnisse nicht so erfreulich sind, versuche man Gutachten zu besorgen, die seine Studie in Frage stellen.

Beten als Fanatismus?

Unter anderem hatte sich vergangene Woche mit Stefan Hopmann vom Institut für Bildungswissenschaft ein Kritiker zu Wort gemeldet, der die Erhebung zu den Einstellungen der Lehrer methodisch kritisierte. So monierte er, dass einzelne Aussagen mit unzulässigen Verallgemeinerungen zu irreführenden und fehlerhaften Skalen zusammengestellt wurden.

Als Beispiel nannte er die Zustimmung zum Item „Meiner Ansicht nach ist jemand, der die fünf Pflichtgebete nicht einhält, kein Muslim“, das in der Studie der Skala „Fanatismus“ zugerechnet wurde. Laut Hopmann ein falscher Schluss, müsste doch analog dazu im christlichen Unterricht auch die Betonung der Wichtigkeit des „Vater unser“ als fanatisch eingestuft werden.

Dem widerspricht wiederum Khorchide – so sei es nur unter den als fanatisch geltenden Salafiten, die den Islam besonders streng leben, üblich, anderen Muslimen die Zugehörigkeit zum Islam in Abrede zu stellen, nur weil diese nicht fünf Mal am Tag beten.

Schützenhilfe für Khorchide kommt auch von Hilde Weiss vom Institut für Soziologie, die seine Dissertation betreute: „Die Zusammenfassung der einzelnen Items erfolgte ganz professionell“, sagt sie zur „Presse“. Sie bezeichnet die Studie, die von zwei Gutachtern mit „Sehr gut“ bewertet wurde, als „unanfechtbar“, die Methoden seien in der Soziologie üblich und korrekt angewandt worden – auch die Zusammenfassung einzelner Items zu Gruppen: „Das ist ja der Sinn der Sache. Man kann Einstellungen nicht nur mit einer einzigen Frage messen.“
Gastkommentar Ednan Aslan Seite 23

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2009)

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