Oscars 2009: Fragt doch die Inder!

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Der Triumph von „Slumdog Millionär“ brachte Bollywood-Atmosphäre nach Hollywood. „Revanche“ ging leer aus.

Los Angeles.Heuer hatte Österreich einmal einen großen Auftritt bei den Oscars. Es war ein subtiler Triumph. Also, so subtil man halt sein kann als eine Tonne schwerer, zehn Meter hoher und mit 50.000 Kristallen bestückter Vorhang von Swarovski. Der schmückte das Kodak Theatre, in dem die Preisträger ihre Statuetten in Empfang nahmen. In der Wirtschaftskrise war das auch das einzige, das da glitzerte. Bereits die Eröffnungs-Nummer, die die nominierten besten Filme vorstellte, musste mit Karton-Requisiten auskommen.

Nur Hollywood-Plebs wie Heidi Klum kamen in Rot – die Damen kleideten sich nach der Devise „Nur nicht auffallen“. Penélope Cruz holte sich den Oscar für die beste Nebendarstellerin gar im 60er-Flohmarkt-Kleid. Unter Couture-Trägern heißt so etwas freilich Vintage und stammt von Balmain.

Eskapistische Retro-Revue

Die Veranstalter hatten eine Erneuerung der quotenschwächelnden Gala versprochen, intimer und straffer sollte sie werden. Statt der jahrzehntelang obligaten Komiker moderierte Schauspieler und „sexiest man alive“ Hugh Jackman eine revuehafte, eskapistische Show im Stil der 30er. Das passte, verfügt der Australier doch über flotte Tanzbeine und altmodischen, aber wirksamen Charme. Deplatziert wirkte ein unmotiviertes Musical-Medley – auch, weil schließlich eine ganz unamerikanische Form des Musicals, nämlich der indisch-schwelgerische „Slumdog Millionär“ mit Bollywood-Sound triumphieren sollte.

Nur der Auftritt der Humorkünstler Tina Fey und Steve Martin ließ das alte Konzept kurz vermissen. Auch Jack Black, der frustriert verriet, dass er den Großteil seines Geldes damit verdiene, indem er seine Gage von „Kung Fu Panda“ auf einen Oscar-Sieg von Animations-Konkurrent „Wall-E“ wettet. Er hat seine Wette gewonnen. Sonst waren die Gags rar in der dreieinhalbstündigen Gala, die Beschränkung der Dankreden auf 45 Sekunden war da keine Hilfe. Penélope Cruz bekam ein paar Lacher für die Ankündigung, dass sie in Ohnmacht fallen könnte, die beste Hauptdarstellerin Kate Winslet erntete dankbares Gelächter für die nie gehörte Geschichte, dass sie schon mit acht ihre Rede im Bad geübt hätte – mit einer Shampooflasche als Oscar. Schade, dass die Gala sicher um eine Reihe knackiger Unflätigkeiten gestorben ist, als nicht Mickey Rourke bester Hauptdarsteller wurde.

Eine sympathische Neuerung brachten die Darsteller-Oscars: Fünf Preisträger früherer Jahre sprachen die Nominierten ganz persönlich an. Nicht immer fiel das aber auch herzlich aus: Nicole Kidman adressierte Angelina Jolie so eiskalt, dass man das Gefühl hatte, die beiden lägen sich noch über die letzte Ration Botox in den Haaren. So gesehen nur passend, dass die Halbkreis-Aufstellung optisch dem Initiationsritus beim Hexensabbat glich.

„Homo-Loving Sons of Guns“

Bei den männlichen Nebendarstellern pöbelte Cuba Gooding Jr. Robert Downey Jr. aus purer Existenzangst an – der war für „Tropic Thunder“ nominiert, in dem er einen Schauspieler spielt, der einen Schwarzen spielt. Bei den Hauptdarstellern sprach Robert de Niro Sean Penn Respekt dafür aus, wie gut er bisher den Heterosexuellen vorgespielt hatte. Penn gewann den Preis für seine Darstellung des homosexuellen Bürgerrechtlers Harvey Milk in „Milk“. Er brachte die einzige engagierte Nuance in die auffallend unpolitische Veranstaltung: Erst beschimpfte er die Academy ironisch als „kommunistische homo-freundliche Bagage“, dann forderte er die Legalisierung der Homo-Ehe.

Ernst wurde es auch, als der Oscar für den besten Nebendarsteller posthum an Heath Ledger ging – Vater, Mutter und Schwester nahmen den Preis für ihn an, Betroffenheit und ein paar Tränen erfüllten das Auditorium. Der Ernsthaftigkeit ging es aber immer deutlicher an den Kragen, je mehr Oscars der britisch-indische Film „Slumdog Millionär“ für sich verbuchen konnte. Die gelöste Bollywood-Stimmung schien die Glamour-Gemeinde anzustecken. Spätestens, nachdem Danny Boyle der Freude über seine Regie-Auszeichnung mit einem ausgelassenen Tigger-Sprung frei nach Winnie the Pooh Ausdruck verliehen hatte. Dass der Streifen schließlich auch den Hauptpreis gewann, war nur noch der Koriander am Curry.

Auch die österreichische Delegation um Götz Spielmann ließ sich die Feierfreude nach der Niederlage gegen Japan nicht nehmen. Und ist es nicht ein bisschen wie beim Song Contest? Hauptsache, die Deutschen haben in der Kategorie auch nichts gewonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2009)

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