Oscars 2009: Hollywood im Schatten von Bollywood

(c) Kate Winslet und Sean Penn
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Der Film "Slumdog Millionär" des britischen Regisseurs Danny Boyle gewinnt acht Oscars. Sean Penn und Kate Winslet werden als beste Darsteller geehrt. Österreichs Beitrag "Revanche" geht leer aus.

Nun hat es Bollywood also auch nach Hollywood geschafft: "Slumdog Millionär" (Österreich-Start im Kino ist am 20. März) ist der große Gewinner der 81. Oscar-Nacht. Während Co-Favorit "Der seltsame Fall des Benjamin Button" von 13 Nominierungen nur drei in Preise umsetzen konnte, gelang dies im Fall von "Slumdog Millionär" in zehn Fällen gleich acht Mal - unter anderem in den Haupt-Kategorien "bester Film" und "beste Regie". Die in der indischen Millionenmetropole Mumbai spielende Romanverfilmung über einen Waisenjungen aus einem Slum, der es bei der indischen Variante der "Millionenshow" bis ins Finale schafft, wusste die Jury zu überzeugen.

Der britische Regisseur Danny Boyle ("Trainspotting", "The Beach") zeigt im Film zahlreiche Missstände in Indien wie Armut, Kinderarbeit, Gewalt und Polizeiwillkür auf. In Indien selbst sorgte der Film für heftige Kontroversen. Ihm wurde der Vorwurf der "Armut-Pornographie" gemacht.

"Sexiest Man Alive" moderierte Oscar-Gala

Moderiert wurde die Oscar-Gala von dem australischen Schauspieler Hugh Jackman. Von Jackman - vom "People"-Magazine zum "Sexiest Man Alive" gewählt - erhofften sich die Veranstalter und der TV-Sender ABC wohl neue TV-Zuseher, nachdem es 2008 zu einem wahren Seherschwund gekommen war. Die Oscar-Macher brachen damit auch mit ihrer Tradition, die Gala von Komikern moderieren zu lassen.

Die Wahl für den Australier machte sich durchaus bezahlt. Er führte locker und charmant durch den Abend, der Humor kam nicht zu kurz: "Wer bin ich? Ein Australier, der in einem australischen Film spielt, der Australia heißt", stellte sich der Schauspieler vor. Auch ein Auftritt von Komiker Ben Stiller sorgte für Lacher. Mit aufgeklebtem Vollbart und Sonnenbrille bewaffnet attackierte er die Bauchmuskeln des Publikums.

Oscar statt Shampoo-Flasche

Am Sieg von Kate Winslet als beste Darstellerin zweifelte bereits im Vorfeld kaum jemand. Mit dem Oscar wurde sie für ihr Porträt der KZ-Aufseherin Hanna in der Verfilmung von Bernhard Schlinks Bestseller "Der Vorleser" geehrt. Einzig, dass Winslet für "Der Vorleser" und nicht für "Zeiten des Aufruhrs" nominiert war, sorgte bei manchem Film-Experten vorab für Kopfschütteln. Erst bei ihrer sechsten Nominierung hat die Britin einen Preis errungen. Bereits bei den Globes räumte sie sowohl in der Kategorie beste Hauptdarstellerin ("Zeiten des Aufruhrs") als auch als beste Nebendarstellerin ("Der Vorleser") ab.

"Ich habe diese Rede geübt, mit acht Jahren, vor dem Badezimmer-Spiegel. Ich bin froh, dass das diesmal keine Shampoo-Flasche ist", freute sich die 33-jährige Schauspielerin in der wohl emotionalsten Rede des Abends.

Mickey Rourke geht leer aus

Wieder eine Niederlage für Mickey Rourke ("The Wrestler"): Im Zweikampf gegen Sean Penn, der im Gus Van Sant-Drama "Milk" den schwulen Stadtrat Harvey Milk spielt, zog er den Kürzeren. Der zum zweiten Mal mit dem Oscar ausgezeichnete Sean Penn bedankte sich in seiner Rede bei den "homo-loving sons of guns". Er zeigte sich stolz, in einem Land zu leben, das einen "eleganten Mann" zum Präsidenten gewählt habe. Respekt zollte er auch dem leer ausgegangenen Favoriten: "Mickey Rourke rises again und he is my brother".

Rourke hatte sich in den 1980er Jahren mit "9 1/2 Wochen" als Sexsymbol an die Spitze Hollywoods katapultiert, ehe der tiefe Fall folgte. Er sorgte eher durch misslungene Schönheitsoperationen für Schlagzeilen als durch ansprechende Filmrollen. Überzeugende Nebenrollen in "Sin City" und "Domino" brachten ihn aber wieder ins Geschäft zurück. Die Rolle des alternden Kampfsportlers in "The Wrestler" ist ihm wie auf den Leib geschnitten. Sie spiegelt auch große Teile seines eigenen Lebens wieder.

Heath Ledger postum geehrt

Still wurde es, als der Oscar in der Kategorie "bester Nebendarsteller" bekannt gegeben wurde. Geehrt wurde wie erwartet der Australier Heath Ledger, der im Jänner 2008 im Alter von 28 Jahren in Folge eines Medikamenten-Cocktails starb. Er hinterlässt mit seiner Rolle als "Joker" im Batman-Film "Dark Knight" ein beeindruckendes filmisches Vermächtnis. Ledger ist nach Peter Finch 1976 der zweite Darsteller, dem der Oscar postum zugesprochen wird. Laudator Kevin Kline würdigte Ledger in seiner Rede: "Er hat uns ein bleibendes Erbe hinterlassen".

Entgegen genommen wurde die Goldstatue von Vater, Mutter und Schwester des verstorbenen Darstellers. Sein Vater Kim Ledger sagte, dass sich Heath's "stille Entschlossenheit, von euch allen hier akzeptiert zu werden" nun erfüllt habe. Seine Schwester Kate sagte, dass die Familie an diesem Tag feiern und sich darüber freuen wolle, was Heath erreicht habe. "Heath, wir wünschten wirklich, du wärest hier."

Oscar für Penelope Cruz

Den ersten Oscar des Abends erhielt Penelope Cruz ("Vicky Cristina Barcelona") als beste Nebendarstellerin. Die Schauspielerin war den Tränen nahe: "Ist schon mal jemand auf der Bühne bewusstlos geworden?", wollte Cruz auf der Bühne bei ihrer Dankesrede wissen. "Denn ich könnte die Erste sein".

Revanche

Die Sensation aus österreichischer Sicht ist ausgeblieben. Der Oscar für den besten fremdsprachigen Film ging an Japan ("Departures"). Damit ist auch der große israelische Favorit "Waltz with Bashir" gescheitert. Unbelohnt blieb ebenso der deutsche "Baader Meinhof Komplex".

Im Vorfeld hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" den israelischen Film "Waltz with Bashir" klar als Favoriten geortet, aber festgehalten: "Wenn man im Zusammenhang mit den Oscars doch mal den Begriff Gerechtigkeit strapazieren wollte, müsste eigentlich Götz Spielmanns "Revanche“ gewinnen. Aber Gerechtigkeit gehört nicht nach Hollywood, auch nicht zu den Oscars, Wahrscheinlichkeit schon eher."

Auch der österreichische Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, gratulierte Spielmann und seinem Team noch vorab zur Nominierung. Diese zeige nach dem Gewinn des Auslands-Oscars im vergangenen Jahr "die Kreativität und das Talent des österreichischen Films heute", so Schwarzenegger.

Brangelina gehen leer aus

Zu den Verlierern des Abends zählte das Hollywood-Traumpaar Angelina Jolie ("Der fremde Sohn") und Brad Pitt "Der seltsame Fall des Benjamin Button"). Beide waren als beste Hauptdarsteller nominiert und gingen leer aus.

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