Neunpunkteplan zur Eliminierung Israels

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Irans oberster Führer, Ayatollah Khamenei, fordert via Twitter die Auflösung Israels und die Bewaffnung der Westbank.

Wien/Teheran. Einst zeigte sich Ayatollah Ali Khamenei nur ausgewählten westlichen Besuchern hinter einem schwarzen Vorhang in seinem Amtssitz in Teheran. Und auch das Freitagsgebet, bei dem der geistliche Führer des Iran die Doktrin des schiitischen Gottesstaats unter das Volk brachte, ist als Plattform aus der Mode gekommen. Längst hat das Regime in Teheran die sozialen Netzwerke im Internet für seine Zwecke entdeckt. Präsident Hassan Rohani und Außenminister Mohammad Javad Zarif haben via Twitter ihre Botschaften abgesetzt, Khamenei will ihnen dabei nicht nachstehen. Nur die Bürger sind der strikten Zensur ausgesetzt.

Die neuen Medien sind Instrumente der Propaganda und Selbstdarstellung: Rohani hat sich bei der Fußball-WM als Fan im Freizeit-Look präsentiert, Khamenei am Spitalsbett nach einer Prostataoperation bei der Rezitation eines Gedichts und der Entgegennahme von Genesungswünschen von Rohani, Zarif und Co. Gleichsam im modernen Kleid, mit blutrünstigen Fotos und bunten Grafiken, lässt der 75-Jährige seine Dogmen per Twitter in englischer Sprache unter seine Fangemeinde von fast 84.000Followern verbreiten, die antizionistische Ideologie und die Hetze sind indes geblieben.

So wiederholte er just am Gedenktag der Nazi-Progrome am 9.November seinen Neunpunkteplan zur „Eliminierung Israels“, des „künstlichen zionistischen Regimes“, den er auf dem Höhepunkt des Gaza-Kriegs Ende Juli erstmals postuliert hatte. Zwar plädiert er darin nicht für eine Auslöschung Israels oder leugnet den Holocaust wie der ominöse Ex-Präsident Ahmadinejad. Er sprach sich auch explizit nicht dafür aus, die Juden ins Meer zu jagen – ein Motiv der antisemitischen Propaganda in der arabischen Welt. Seine „subtileren“ Vorschläge laufen unter dem Deckmantel der Demokratie indes auf dasselbe Ziel hinaus: die Vertreibung der Israelis in die Diaspora.

In einem Referendum sollen demnach die ursprünglichen Bewohner „Palästinas“, gleich ob Moslems, Juden, Christen oder Flüchtlinge in Drittstaaten, über die politische Zukunft und das Schicksal der Juden entscheiden. Zugewanderten Juden gesteht Khamenei freilich kein Stimmrecht zu, womit das Resultat schon vorweggenommen wäre. Seiner Meinung nach sei damit den Anforderungen der Weltgemeinschaft Genüge getan.

Und weil sich Israel gegen solche Modalitäten sperren würde, tritt der iranische Führer für eine Bewaffnung des Westjordanlands nach dem Vorbild der Hamas im Gazastreifen ein und somit für einen bewaffneten Kampf.

Zum zehnten Todestag Jassir Arafats schürte Khamenei nicht nur die latente Unruhe unter den Palästinensern, er bestätigte zugleich die Skepsis in Israel vor einem Atomdeal des Westens mit dem Iran inmitten der Endphase der Verhandlungen. Premier Benjamin Netanjahu warnte deshalb erneut vor einem voreiligen Pakt. Per Geheimdepesche – und nicht per Twitter – hatte US-Präsident Barack Obama Khamenei mehrfach zur Kooperation aufgerufen. Dies blieb ohne Echo. Via Twitter signalisierte Khamenei zwar Unterstützung für Rohani, zugleich zog er „rote Linien“ für eine Einigung im Atomstreit.

Der Neunpunkteplan spielt nun den Gegnern eines Abkommens in Israel und den USA in die Hände. Er konterkarierte auch die moderaten Töne, die Rohani und Zarif – just via Twitter – anschlugen, als sie zum jüdischen Neujahrsfest Grüße in alle Welt sendeten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2014)

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