Infrastruktur: Mehr Straßen, Schienen – und Schulden

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Bis 2014 werden ÖBB und Asfinag 22,5 Mrd. Euro „verbauen“. Bei den ÖBB werden sich die Schulden dadurch mehr als verdoppeln.

wien (jaz).Während einer Wirtschaftskrise greifen Regierungen gerne zum Spaten und kündigen große Bauprojekte auf Pump an. So auch die österreichische. Am Mittwoch präsentierte Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) den Rahmenplan 2009 bis 2014 für den Ausbau des heimischen Straßen- und Schienennetzes. In diesen sechs Jahren sollen Asfinag und ÖBB demnach 22,5 Mrd. Euro verbauen. „Um 3,6 Mrd. Euro mehr, als bisher für diesen Zeitraum geplant war“, wie Bures stolz anmerkt.

Hauptaugenmerk auf die Schiene

Mit 60 Prozent geht der Großteil dieser Summe in den Ausbau der Schiene. „Dort stammen 70 Prozent des Netzes ja noch aus der Zeit der Monarchie. Mit den kommenden Investitionen machen wir Österreich fit für die Zeit nach der Krise“, sagt Bures. Außerdem soll so die Bauwirtschaft angekurbelt werden, die im Vergleich zum Vorjahr einen 32-prozentigen Anstieg bei der Arbeitslosigkeit hinnehmen muss.

Das Ausbauprogramm soll „Lücken im Straßennetz schließen“ und die „Bahn attraktiver machen“. Letztere erhält dadurch 360 Kilometer neue Strecken – wovon 190 Kilometer auf teils heftig umstrittene Tunnels fallen. Zusätzlich werden Bahnhöfe renoviert, Eisenbahnkreuzungen besser gesichert und bestehende Strecken vierspurig ausgebaut. „Ab 2014 wird man von Wien nach St. Pölten statt 45 nur noch 25 Minuten brauchen. Das ist dann ein guter Grund, das Auto stehen zu lassen“, sagt Bures.

Dieses Ausbauprogramm kostet pro Jahr im Durchschnitt 3,7 Mrd. Euro. Geld, das weder ÖBB noch Asfinag in ausreichender Menge haben. Beide Unternehmen müssen sich daher weiter verschulden. Durch den Ausbau der letzten Jahre haben die Bahn und die Asfinag bereits einen Schuldenberg in Höhe von 21 Mrd. Euro angehäuft. Dieser wird vor allem bei den ÖBB weiter drastisch ansteigen. Denn anders als die Asfinag kann die Bahn nicht einmal den Betrieb ausreichend selbst finanzieren.

Die Asfinag kann seit der Einführung der Lkw-Maut im Jahr 2004 den Erhalt des Straßennetzes und auch den Großteil ihres Ausbauprogramms selbst finanzieren. Seither verschuldet sie sich pro Jahr „nur noch“ um 200 bis 500 Mio. Euro. Dies dürfte sich aufgrund der Wirtschaftskrise vorerst jedoch ändern. So verzeichnete der Autobahnbetreiber in den ersten zwei Monaten des Jahres um 20 Prozent weniger Lkw-Verkehr auf den heimischen Schnellstraßen. Dies mag zwar gut für die Umwelt sein, verringert jedoch die Einnahmen der Asfinag. Im Gegenzug steigt das Ausbauprogramm des Unternehmens laut Rahmenplan in den nächsten Jahren weiter an. Beides zusammen dürfte die Schulden erneut in die Höhe treiben. Laut Politik soll der Schuldenberg nach Abschluss des Bauprogramms durch die dann immer noch fließenden Mauteinnahmen abgezahlt werden.

Bei den ÖBB werden die knapp 14 Mrd. Euro, die bis 2014 verbaut werden sollen, komplett über Schulden finanziert. Der Schuldenstand der Bahn wird dadurch auf etwa 24,5 Mrd. Euro ansteigen. „Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder wir investieren jetzt in eine Infrastruktur, die von mehreren Generationen genutzt werden kann und zahlen das über 30 bis 40 Jahre zurück. Oder wir machen keine Schulden, haben dafür aber auch keine moderne Infrastruktur“, meint Bures dazu.

Aufgrund fehlender Gewinne bei den ÖBB wird die Rückzahlung dieser Schulden durch den Steuerzahler erfolgen. Seit 2007 schießt der Bund der Bahn bereits jährlich Geld zum Zinsendienst zu. Derzeit sind es etwa 260 Mio. Euro pro Jahr. Dieser Betrag soll laut Ministerium weiter ansteigen und zwischen 2040 und 2045 zu einer kompletten Rückzahlung der Schulden führen. Dafür müssten ab 2014 jedoch mindestens 1,5 Mrd. Euro pro Jahr zusätzlich an die ÖBB fließen. Hinzu kommen rund 300 Mio. Euro pro Jahr für den Brennerbasistunnel. Dieser ist zwar im Rahmenplan enthalten, wird jedoch gesondert aus dem Budget finanziert.

Bis 2020 werden 40 Mrd. verbaut

Schon bisher kosten die ÖBB den Staat jedes Jahr eine ordentliche Stange Geld. Von den 4,5 Mrd. Euro Umsatz des Unternehmens stammen nämlich 1,9 Mrd. Euro von der öffentlichen Hand. Damit wird der Betrieb des Netzes finanziert und gemeinwirtschaftliche Leistungen (Schülerfreifahrten und unrentable Nebenstrecken) abgedeckt. Zusätzlich zahlt der Steuerzahler pro Jahr knapp zwei Mrd. Euro für pensionierte ÖBB-Beamten.

Die Ausgaben für die Bahn dürften jedoch auch nach 2014 noch weiter ansteigen. Denn das Bauprogramm geht noch weiter. So sollen laut früheren Planungen bei Straße und Schiene bis 2020 insgesamt 40 Mrd. Euro verbaut werden.

AUF EINEN BLICK

Bis 2014 sollen 22,5 Mrd. Euro in den Ausbau von Schiene und Straße fließen. Der Großteil davon wird von den ÖBB verbaut. Diese renovieren damit Bahnhöfe, sichern Eisenbahnkreuzungen und bauen neue Strecken – samt umstrittener Tunnels.

Die Finanzierung erfolgt über Schulden. Diese steigen bei den ÖBB bis 2014 auf 24,5 Mrd. Euro. Die Rückzahlung übernimmt der Bund. Das belastet das Budget bis 2045 mit 1,5 Mrd. Euro pro Jahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2009)

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