Korruption. Zwei Auftragsvergaben durch das AKH bzw. den Wiener Krankenanstaltenverbund sind Thema eines Wirtschaftsstrafverfahrens.
Wien. „Das ist hier ein gelebtes Prozedere seit Jahren. Ein gelebtes Prozedere, in dem wir uns bewegen und wohl fühlen.“ Dies ist einer der viel sagenden Sätze, auf die sich Ankläger Roman Reich von der Korruptionsstaatsanwaltschaft stützt. Ausgesprochen wurde der Satz von dem mittlerweile pensionierten Beamten Manfred B. (67), vormals interimistischer Verwaltungsdirektor im Wiener AKH.
Das von B. erwähnte „gelebte Prozedere“ soll eine strittige Auftragsvergaben durch das Wiener AKH bzw. den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), zu dem das AKH als Teilunternehmung gehört, beleuchten. Der „verräterische“ Satz war von einem Bieter, der bei einem Auftrag zur Überlassung von Hilfskräften (Beispiel: Hausreinigung) nicht zum Zug gekommen war, telefonisch auf Tonband aufgenommen worden.
Dabei seien die Fragen aber vom Anrufer „gelenkt“ worden, kritisierten beim Prozessauftakt am Montag die Verteidiger von B., Mathias Preuschl und Ernst Schillhammer.
Die konkreten Vorwürfe, die nun unter Vorsitz von Richter Georg Olschak vom Straflandesgericht Wien (er hatte übrigens auch im Korruptionsprozess gegen Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser den Vorsitz geführt) an neun Verhandlungstagen erörtert werden:
► Untreue. Dieses (teils vollendete, teils versuchte) Verbrechen bzw. die Beteiligung daran wird außer dem Angeklagten B. auch dem derzeit suspendierten Beamten Werner H. (58), Leiter der Abteilung Sonderprojekte, vorgeworfen. Die beiden Männer sollen 2006 und 2007 als Beamte ihre Befugnis „über das Vermögen der Stadt Wien zu verfügen“, wissentlich missbraucht haben. Indem sie einen Auftrag für Gebäudereinigung an die Firma Ago und nicht an den Bestbieter Janus vergaben. Damit sollte der Stadt ein Schaden von 2.462.071, 68 Euro pro Jahr zugefügt werden.
► Schwerer Betrug. Diesen Anklagepunkt sollen Werner H., Manfred B. und der dritte Angeklagte Robert H. (45), ein ebenfalls suspendierter Beamter, verwirklicht haben. Es geht dabei um die Vergabe eines „Auftrags zur Überlassung von Arbeitskräften (...) für das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien – Universitätskliniken“ durch die Stadt Wien bzw. durch den KAV/das AKH. Werner H. soll im Juni 2010 Reinhard Krepler, den damaligen ärztlichen Direktor des AKH, über die wahren Abläufe in diesem Vergabeverfahren getäuscht haben. Er soll Krepler dazu verleitet haben, Ago den Zuschlag zu geben.
Es ging um einen Auftrag zur Bereitstellung von Reinigungspersonal, Pflegehelfern, Krankenträgern usw. Gemeinsam mit B. und Robert H. soll Werner H. die Geschäftsführer des Mitbieters Janus dazu gebracht haben, eine Anfechtung der Zuschlagsentscheidung zurückzuziehen. Zudem sei Janus die Verlängerung eines anderen, bereits bestehenden Reinigungsauftrags in Aussicht gestellt worden. Der damals bevorstehende jährliche Schaden für die Stadt Wien laut Anklageschrift: Exakt 3.081.085 Euro und 92 Cent. Wie hoch der tatsächlich eingetretene Schaden sei, konnte die Anklage nicht mehr rekonstruieren.
► Schwere Erpressung. Der Vorwurf trifft nur Robert H. Er soll im März 2010 der Firma Janus gesagt haben, das Unternehmen werde von der Gemeinde Wien nie wieder einen Auftrag erhalten und auch bestehende Aufträge verlieren, wenn es sich nicht ruhig verhalte. Damit habe Robert H. auch den Vorsatz gehabt, dass Ago „durch das Verhalten der Genötigten“ wirtschaftliche Vorteile haben solle.
Alle drei Beschuldigten bekannten sich nun „nicht schuldig“. Am Donnerstag wird weiter verhandelt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2015)