Modellfall für Sparkurs, der auf Europa zukommt.
„Nachtragsbudget“, steht in deutschen Meldungen. Im irischen Original heißt es „Emergency Budget“, und das Wort Notfall trifft die Maßnahmen schon eher, die Irlands Finanzminister Brian Lenihan da am Dienstag dieser Woche verkündet hat: Irland stehe vor der „größten Herausforderung seiner Geschichte“, sagte Lenihan – und verordnete: die Verdopplung der sogenannten Einkommenssteuerabgaben, drastische Kürzung von Staatsausgaben und die Einrichtung einer Behörde, die Banken faule Kredite abkaufen soll – die erste „Bad Bank“ Europas.
Damit ist Irland, einstiges Armenhaus, dann boomender „Tigerstaat“, den übrigen EU-Ländern nun unfreiwillig voraus – mit Maßnahmen, die auch auf andere noch zukommen könnten. Denn während anderswo noch Konjunkturpakete geschnürt werden, kann sich Irland solchen Luxus nicht leisten. Hier setzt man den Rotstift an – und wendet sich an den Steuerzahler, um das außer Kontrolle geratene Defizit einzudämmen und so das Vertrauen der Kreditgeber halbwegs wiederherzustellen.
Und das trifft vor allem die Mittelklasse.Erst im Jänner war, im Zuge einer ersten Nachbesserung des Budgets, die Einkommenssteuerabgabe eingeführt worden, jetzt wurde sie verdoppelt. Nun zahlt man bis zu einem Bruttojahreseinkommen von 75.000Euro zwei Prozent Abgabe, darüber vier und ab 175.000 Euro sechs Prozent. Zudem wurden die Grenzwerte gesenkt, was Zehntausende in die Vier-Prozent-Klasse katapultiert.
Das Wohlstandsmärchen ist vorbei
Gestiegen sind nun auch Steuern auf Kapitalerwerb und -ertrag, Alkohol und Zigaretten, dazu kommen höhere Gesundheitsbeiträge und Einschnitte in der Kinderbetreuung. Es seien die Mittel- und Gutverdiener, die den Schmerz am stärksten spüren würden, schreibt die „Irish Times“ und errechnet für eine vierköpfige Mittelstandsfamilie 4000 Euro an zusätzlichen Kosten.
Unangetastet bleibt hingegen der attraktive Steuersatz für Unternehmen, der einst die ausländischen Firmen ins Land gelockt und gemeinsam mit EU-Milliarden für ein Wohlstandsmärchen samt Immobilienboom gesorgt hatte. Nun stehen die Häuser leer, Firmen und ausländische Arbeiter ziehen scharenweise weg. Die Insel bleibt zurück: mit einem prognostizierten Defizit von 10,75 Prozent – und erst einem Vorgeschmack auf die kommenden Budgets.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2009)