London an der Themse: "I am in paradise"

Tower Bridge
Tower Bridge (c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
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Von der Tate Modern bis zum Southbank Centre: Den Fluss entlang lässt sich die britische Hauptstadt so richtig kennen- und lieben lernen.

Die Themse durchfließt die britische Hauptstadt, aber lange wurde London durch den Fluss eher geteilt als verbunden. Schnöselige Nordlondoner halten es bis heute für den „gesellschaftlichen Tod“, sich in den Süden zu wagen. Ambitionierte Südlondoner hingegen verweisen darauf, dass in Wirklichkeit längst auf „ihrer“ Seite der Themse die Musik spielt.

Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Von der Tate Modern, dem meistbesuchten Museum moderner Kunst der Welt, bis zum Southbank Centre, einem Kulturkomplex für wirklich jedermann, spannt sich der Bogen eines unendlich großen und vielseitigen Angebots. Architektur, Geschichte, Hochkultur, Straßenkunst, Kulinarik, Film, Skateboardparks, moderne Antiquariate – es lässt sich kaum etwas denken, was entlang der Kulturmeile South Bank nicht gleichzeitig zu finden ist.

Dabei stehen das National Theatre, die Royal Festival Hall oder die Hayward Gallery tatsächlich auf ehemaligem Sumpfland. Erst in den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg kümmerten sich die Stadtentwickler um das südliche Themseufer. Wer heute ein immer noch real existierendes Beispiel des zu Recht in Misskredit geratenen „béton brut“ sucht, findet reiches Anschauungsmaterial. Londons aber hat aus diesem umgestürzten Betonbaukasten eines Riesen einen Wohlfühlort für Millionen geschaffen.


Perfekter Blick. Es gibt nur wenige schönere Gelegenheiten, London kennenzulernen, als am Südufer der Themse entlangzugehen. Von der Tower Bridge im Osten kann man entlang des Battersea Parks bis in den Westen nach Teddington wandern. Während am nördlichen Ufer der Verkehr die heillos überlasteten Straßen verstopft, genießt man am Südufer einen perfekten Blick auf das Parlament und den Big Ben, die St. Paul's Cathedral oder die Hochhäuser des Finanzdistrikts.

In Planung ist derzeit auch noch eine Gartenbrücke nur für Fußgänger und Radfahrer – zwei Spezies, die sich auch in London nicht besonders gut mischen.

Die Themse als Wohn-, Kultur-, Flanier- und Genussraum ist erst möglich geworden, seit London seine Stellung als einer der führenden Frachthäfen der Welt verloren hat. Heute legen die Ozeanriesen weit außerhalb der Stadt am London Container Terminal an, während in den ehemaligen Docklands superschicke Wohnungen für Banker entstanden sind.

Sich immer wieder neu zu erfinden, das ist der nie versiegende Zauber der Metropole London. Davon singen die Kinks in ihrem schon 1967 veröffentlichen Lied „Waterloo Sunset“, in dem sie alles sagen, was über das Leben an der Themse gesagt werden kann: „Dirty old river, must you keep rolling/flowing into the night?/People so busy, make me feel dizzy, taxi light shines so bright/But I don't need no friends/As long as I gaze on Waterloo sunset, I am in paradise“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2015)

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