Washington erwägt die Verlegung strategischer Waffen auf die Halbinsel.
Seoul. Nach dem unterirdischen Wasserstoffbombentest des Regimes in Pjöngjang sind die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel neuerlich angewachsen. China drängt auf die Wiederaufnahme der sogenannten Sechs-Parteien-Gespräche. Experten warnten wegen der Unberechenbarkeit des Diktators Kim Jong-un und seiner Militärführung vor einer Eskalation in der Region.
Südkorea forderte umgehend die militärische Unterstützung des Verbündeten USA an. Die Regierungen in Seoul und Washington berieten über eine Verlegung strategischer US-Waffen nach Südkorea. Nach dem letzten Atomtest Nordkoreas hatten sie mit einer Machtdemonstration reagiert und zwei atomwaffentaugliche B2-Stealth-Bomber über Südkorea eingesetzt. Dass die USA ihre taktischen Atomraketen wieder in Südkorea stationieren, die sie 1991 von dort abzogen, ist indes unwahrscheinlich.
CTBTO: Magnitude lag bei 4,85
Südkorea gab sich derweil kampfbereit. „Unser Militär ist in Alarmbereitschaft“, sagte der nationale Sicherheitsberater Cho Tae Yong. „Sollte Nordkorea provozieren, wird es dafür hart bestraft werden.“ Südkorea will auch wieder die Propagandamaschinerie anwerfen und kündigte an, ab Freitag werde der Norden mit Lautsprechern aus der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Staaten aus beschallt. Der Atomtest sei ein „schwerer Verstoß“ gegen das innerkoreanische Abkommen, das im August erzielt worden sei, so das Präsidialamt.
Die USA bezweifeln, dass es sich um die Explosion einer Wasserstoffbombe gehandelt habe, die eine weit zerstörerischere Wirkung hat als eine konventionelle Atombombe. Die Atomteststopp-Behörde CTBTO stellte fest, dass der Test an demselben Ort vorgenommen wurde wie beim Atomtest 2013 und dass die Magnitude 4,85 betragen habe. Messstationen in der Region könnten radioaktives Material in der Luft bei den derzeitigen Windverhältnissen frühestens heute, Freitag, anzeigen.
(Reuters/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2016)