OMV-Chef: "Wir können Russland managen"

OMV AG Chief Executive Officer Rainer Seele Interview
OMV AG Chief Executive Officer Rainer Seele InterviewBloomberg
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OMV-Chef Rainer Seele über den geplanten Asset-Tausch mit der Gazprom, die Risken des Russlandgeschäfts und die künftige Aufstellung des Energiekonzerns.

Die Presse: Herr Seele, ihr geplante Beteiligung an einem sibirischen Gazprom-Gasfeld per Asset-Tausch ist in die öffentliche Kritik geraten. Zu Recht?

Rainer Seele: Es wird jetzt viel über Russland diskutiert, aber das ist nur ein kleiner Teil unserer Gesamtaktivitäten. Wir reden da über fünf bis zehn Prozent unserer Investitionen, die nach Russland fließen.

Wozu dann die Aufregung?

Hier geht es uns um Nachhaltigkeit und Profitabilität. Wir haben unsere Produktion in den vergangenen Jahren nie vollständig ersetzen können, obwohl wir jährlich 700 Mio. Euro dafür eingesetzt haben. Mit der Beteiligung an dem russischen Gasfeld erreichen wir auf einen Schlag, dass wir fünf Jahre lang Ruhe haben. Das bringt auf der Kostenseite eine extrem hohe Entlastung. Konkret sprechen wir hier von 400 Millionen Euro im Jahr, die wir sonst ausgeben müssten, um neue Felder zu bekommen.

Aber Sie bezahlen dafür einen hohen politischen Preis, es gibt ja heftigen innenpolitischen Gegenwind.

Wir werden es nicht schaffen, alle auf unsere Seite zu bekommen. Das ist auch nicht unsere Zielsetzung. Wir sind nicht in politischer Schieflage, sondern in wirtschaftlicher. Hinter den Plänen stehen also unternehmerische Beweggründe. Nicht jeder wird diese Beweggründe verstehen oder akzeptieren.

In Russland gibt es auch politische Risken. BP und Shell sollen dort nicht die besten Erfahrungen gemacht haben.

Dass die Energiewirtschaft von Russland Abstand nimmt, kann ich nicht erkennen. BP und Shell engagieren sich gerade wieder bei großen Öl- und Gasfeldern in Russland. Das ist wegen seiner hohen Vorkommen ja ein sehr attraktives Land.

Und die Risken?

Die Frage für die OMV ist: Sind wir in der Lage, Russland zu managen? Da sage ich: Wir machen das schon seit 48 Jahren. Wir können Russland managen und das Konzept der wechselseitigen Beteiligung hilft uns dabei, weil es das Risiko mindert. Politisch setzen wir uns dafür ein, dass es zu einer Annäherung kommt. Russland hat ja sein Interesse an Europa zurück gewonnen, weil man gemerkt hat, das es mit der Türkei und Asien nicht unbedingt besser ist. Im übrigen kommen 80 Prozent unserer Produktion aus stabilen politischen Regionen. Das Problem dabei ist, dass man sich politische Stabilität in der Regel mit sehr hohen Kosten erkauft.

Als Hort der Rechtssicherheit gilt Russland aber nicht unbedingt.

Und Pakistan? Kurdistan? Libyen? Dort sind wir auch tätig.

Einer der Kritikpunkte lautet, dass man beim Asset-Tausch mit einem Raffinerie-Anteil ein strategisches Asset der Republik hergeben würde.

Wir haben als Vorstand nie gesagt, dass ein Anteil an der Raffinerie Teil der Vereinbarung ist. Das ist reine Spekulation.

Ausschließen können sie das aber auch nicht, oder?

Ich schließe gar nichts aus, weil das nicht der richtige Zeitpunkt ist. Gazprom hat seine Interessen noch gar nicht definiert.

Gazprom hat noch keine konkreten Wünsche geäußert?

Nein, aber wir arbeiten darauf hin, dass wir so schnell wie möglich dahin kommen. Wir wollen das sauber und professionell bis zum Sommer ausverhandeln, aber wir verhandeln natürlich nicht in der Öffentlichkeit.

Kritisiert wird auch, dass Sie sich mit der Beteiligung in Abhängigkeit von Gazprom begeben, weil sie das Gas dort ja nicht selbst wegtransportieren können.

Die Verträge sind noch nicht verhandelt, aber wir wollen das zumindest teilweise mit einer Exportstruktur versehen. In anderen Ländern ist man übrigens viel abhängiger. In Tunesien muss das Öl, sobald es aus dem Boden kommt, dem Staat übergeben werden. Für uns ist nicht entscheidend, was mit dem Gasmolekül passiert, sondern ob wir am Ende des Tages die Euros dafür auf unserem Konto in Wien haben.

Sorgen bereitet vielen ja nicht die Beteiligung, sondern der damit verbundene Asset-Tausch.

Wenn ich könnte, würde ich den Einstieg Cash bezahlen, dann quatscht mir keiner die Ohren voll. Aber meine Taschen sind leer. Auf den Finanzmärkten kommt das Tauschgeschäft übrigens unwahrscheinlich gut an. Immerhin bekommen wir damit Zugriff auf 600 Millionen Barrel, ohne Cash einzusetzen. Wir beteiligen uns ja am drittgrößten Feld in der russischen Föderation.

Beim zweiten großen Projekt mit der Gazprom, der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, kommen Querschüsse aus Osteuropa.

Das war auch schon bei Nord Stream 1 so, da geht es auch um Transitgebühren. Wir werden natürlich mit allen Ostseeanrainerstaaten reden. Priorität ist aber, dass Brüssel unsere Argumente versteht und akzeptiert. Da sind wir auf einem guten Weg.

Wo sehen Sie die OMV denn in fünf Jahren?

Wir werden eine nachhaltige OMV mit einem um zehn bis 15 Prozent gesenkten Kostenniveau haben. Russland wird eine wichtige Komponente, aber nicht die Hauptkomponente sein. Wir werden uns im Iran und in Abu Dhabi viel stärker engagiert haben. Die Zusammenarbeit mit unserem zweitgrößten Aktionär in Abu Dhabi war bisher ja im Dornröschenschlaf, das wollen wir stark intensivieren. Wir werden auch unsere Position als europäischer Gashändler stark ausgebaut haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)

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