Justizministerium: Zensur am "Falter"?

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Der Weblog des "Falter"-Journalisten Florian Klenk war für Mitarbeiter des Ministeriums gesperrt. Das Justizministerium schließt eine absichtliche Sperrung aus: "Das wäre/ist doch absurd."

„Die von Ihnen angeforderte Seite enthält Inhalte aus den Bereichen Glücksspiel, Computerkriminalität, Pornografie, Soziale Netzwerke und Phishing. Der Zugriff wurde daher verweigert." Das lasen am Montag Mitarbeiter des Justizministeriums, wenn sie auf www.florianklenk.com den Weblog jenes „Falter"-Journalisten öffnen wollten, der unlängst geheime Akten aus dem Ministerium veröffentlicht hatte. „Das sind chinesische Methoden, dass man ohne sachliche Begründung Websites sperrt", kritisierte Klenk daraufhin im Gespräch mit der „Presse".

Er bezeichnete die Maßnahme als „Zensur" und beklagte, vom Ministerium auch an seiner Arbeit gehindert zu werden: „Die Ministerin hat einige Journalisten zu Hintergrundgesprächen eingeladen. Mich nicht." „Falter"- Chefredakteur Armin Thurnher zeigte sich in einem offenen Brief erstaunt über die Maßnahme, zumal Klenk auf dem Weblog „im Wesentlichen nur seine Berichte aus dem ,Falter‘ veröffentlicht".

Ministerium: Zensur wäre „absurd"

Klenk wandte sich am Montag per E-Mail an Ministerin Claudia Bandion-Ortner - deren Büro fand mögliche Ursachen für die Sperre: Man habe einen Filter eingerichtet, um den massiven Datentransfer zu reduzieren, weil „offensichtlich ein großer Anteil der Internetdownloads nicht mit dienstlichen Zwecken erklärt werden kann" (laut einer Änderung des Beamtendienstrechts dürfen Beamte Informationstechnologie aber „nur für dienstliche Zwecke" nutzen). Es würden „in nicht unbeträchtlichem Ausmaß Seiten geöffnet, deren Inhalte mit dem Selbstverständnis und dem Ansehen der Justiz nicht vereinbar sind", heißt es seitens des Ministeriums. Es gebe auch einen URL-Filter, der auf gewisse Stichworte reagiert und Klenks Weblog gesperrt haben könnte.

„Ausschließen kann ich, dass Ihre Seite aufgrund kritischer Berichterstattung gesperrt wurde", heißt es in der Antwort des Ministeriums an Klenk weiter, denn: „Das wäre/ist doch absurd." Zu Klenks Vorwurf, er werde zu Hintergrundgesprächen nicht eingeladen, gab es keine Stellungnahme. Montagnachmittag war die Seite dann wieder freigeschaltet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2009)

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