Die preisgekrönten (Ex-)Präsidenten

Michael Gorbatschow
Michael Gorbatschow(c) AP (JENS MEYER)
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In seiner 108-jährigen Geschichte wurde der Friedensnobelpreis häufig an hochrangige Politiker verliehen. Auch sechs Staatsoberhäupter waren darunter.

In einer Hinsicht mag die Verleihung des Friedensnobelpreises an Barack Obama ein Präzedenzfall sein: Obama ist vermutlich der erste Staatspräsident, der die Auszeichnung erhält, weil er als „Hoffnungsträger“ gilt. Bisher zählten eher die handfesten Verdienste. Dass ein Präsident Preisträger wird, ist aber in der Geschichte des Friedensnobelpreises nicht ungewöhnlich.


•Seit der erstmaligen Verleihung im Jahr 1901 an den Gründer des Roten Kreuzes, Henri Dunant, und an Frédéric Passy (Stifter der Internationalen Liga für den Frieden) wurden (vor Obama) sechs amtierende Staatsoberhäupter mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet:

1906 erging die Auszeichnung an den US-Präsidenten Theodore Roosevelt. Er war der erste Amerikaner unter den (bis dahin nur aus Europa stammenden) Preisträgern. Roosevelt hatte diplomatisches Geschick bei den Friedensverhandlungen bewiesen, die schließlich den japanisch-russischen Krieg beendeten. 1919 erging der Preis an US-Präsident Woodrow Wilson, Initiator des Völkerbundes.

Vor allem im Nahen Osten umstritten waren die Preisträger von 1978: Ägyptens Präsident Anwar al-Sadat und Israels Ministerpräsident Menachem Begin, die für den historischen Friedensschluss von Camp David ausgezeichnet wurden.

Internationale Konsenskandidaten waren hingegen die Preisträger der Jahre 1990 und 1993: Michail Gorbatschow, Präsident der UdSSR, und der südafrikanische Staatschef Frederik de Klerk (zusammen mit Nelson Mandela), der in den Neunzigern schrittweise die Apartheid abgebaut hatte.Südkoreas Präsident Kim Dae jung erhielt im Jahr 2000 für seine Entspannungspolitik („Sonnenschein-Politik“) mit Nordkorea eine Würdigung.
•Auch drei damalige Ex-Präsidenten zählen zu den insgesamt 97 Friedensnobelpreisträgern (hinzu kommen 23 Organisationen), darunter zwei ehemalige US-Präsidenten: Friedensvermittler Jimmy Carter (2002) und Klimavorkämpfer Al Gore (2007). Martti Ahtisaari, Ex-Präsident Finnlands, wurde im vergangenen Jahr für seine vielfachen diplomatischen Vermittlungsbemühungen gewürdigt.


•Die Liste hochrangiger Politiker unter den Preisträgern ist um einiges länger. Darunter etwa: US-Außenminister Charles Gates Dawes, der 1925 für seine Mitarbeit an den Verträgen von Locarno, die das Europa der Nachkriegszeit stabilisierten, ausgezeichnet wurde; der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt, dessen „Ostpolitik“ 1971 geehrt wurde. Für Verdienste im Nahostkonflikt wurde der Preis zuletzt 1994 vergeben: Das Trio Jassir Arafat, Jitzhak Rabin und Shimon Peres erhielt damals die Auszeichnung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2009)

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