General Motors bittet Staaten zur Kasse

(c) AP (Michael Probst)
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General Motors benötigt 3,3 Mrd. Euro, um seine deutsche Tochter Opel zu sanieren. Einen Teil des Geldes will sich der amerikanische Autokonzern von den europäischen Staaten holen.

Wien (ag./nst). Die europäischen Staaten sollen General Motors dabei helfen, seine deutsche Tochter Opel wieder auf Vordermann zu bringen. In Summe benötigt der US-Konzern dafür 3,3 Milliarden Euro. Das gab der neue GM-Europa-Chef, Nick Reilly, am Montag bekannt. Die Restrukturierung von Opel, auch das stellte Reilly klar, werde der Konzern gemeinsam mit den EU-Staaten, notfalls aber auch alleine über die Bühne bringen.

Noch diese Woche will der US-Autobauer einen Businessplan präsentieren – diesen aber zuerst den Arbeitnehmervertretern, dann den Regierungen vorlegen, wie der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) mitteilte. Bis dahin werde es keine konkreten Zusagen einzelner Länder in Sachen Staatshilfe an GM geben. Das haben die EU-Staaten Brüderles Angaben zufolge versichert.

Am 4. Dezember werden die Minister der betroffenen EU-Länder dann über den Plan beraten.
In den vergangenen Tagen haben sich einige EU-Staaten, die über Werke von Opel oder Vauxhall (englische Tochter von Opel) verfügen, mit staatlichen Zuwendungen in Millionenhöhe regelrecht überboten. Die Länder hoffen darauf, dass Hilfszahlungen sie vor Werkschließungen und dem Verlust tausender Arbeitsplätze im eigenen Land bewahren werden.

Aus diesem Grund setzte EU-Industriekommissar Günter Verheugen gestern ein Spitzentreffen mit den Wirtschaftsministern der betroffenen EU-Länder sowie mit GM-Europa-Chef Reilly in Brüssel an. Reilly betonte nach dem Treffen, dass der Sanierungsplan von keiner der geldgebenden Regierungen beeinflusst werde.

Konkret sollen Großbritannien, Spanien und Belgien dem US-Mutterkonzern Kapitalspritzen angeboten haben. Polen habe Steuererleichterungen in Aussicht gestellt, schreibt das Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

Die Angst der Staaten, von Werkschließungen betroffen zu sein, ist durchaus begründet. Wie der einstige Opel-Interessent Magna, hat auch General Motors angekündigt, Stellen streichen zu wollen. Europaweit sollen etwa 10.000 Arbeitsplätze wegfallen. Derzeit sind für Opel etwa 46.000 Beschäftigte tätig, gut die Hälfte davon in Deutschland. Das Werk in Antwerpen sowie die deutschen Standorte Eisenach und Bochum gelten als potenziell gefährdet.

Deutschland ist zurückhaltends

0Seit dem Platzen des Opel-Verkaufs an Magna ist Deutschland in Sachen Staatshilfe eher zurückhaltend. Vor dem Gipfeltreffen ließ Hessens Ministerpräsident Roland Koch verlautbaren, dass es für Opel keine finanzielle Unterstützung geben werde: „Ein Unternehmen, das genügend Liquidität hat, kriegt keine Liquiditätshilfen.“

Auch Wirtschaftsminister Brüderle gab sich vor dem Treffen reserviert: „Opel hat wie jedes deutsche Unternehmen das Recht, einen Antrag auf Unterstützung zu stellen. Einen Anspruch auf Subventionen gibt es nicht. Wir sehen nicht ein, warum der deutsche Steuerzahler hier als Spendieronkel durch die Landschaft geht.“

Opel hätte die Möglichkeit, Geld aus dem sogenannten Deutschlandfonds zu erhalten. Dieser ist mit rund 115 Mrd. Euro gespeist. Und bietet Unternehmen, die nach dem 1. Juli des Vorjahres in Schwierigkeiten geraten sind, finanzielle Hilfe an.

sDoch die Chancen für Opel, Geld aus diesem Fonds zu erhalten, stehen schlecht. Unter anderem deswegen, weil das Unternehmen nachweisen müsste, dass es erst im Zuge der Krise in Schieflage geraten ist. Bei Opel dürfte dies nicht der Fall sein, vielmehr ist der Konzern seit Jahren in Schwierigkeiten. s-6;0Empört reagierte der Betriebsrat des Konzerns. Rainer Einenkel, Betriebsratschef in Bochum, sagte dem Radiosender NDR, dass General Motors genauso wie Magna Staatshilfe zustehen würde, wenn der Konzern die nötigen Voraussetzungen erfülle.s

Treffen mit Belegschaft

Deutschland hat Opel bereits einen Überbrückungskredit im Ausmaß von 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, als der Autobauer auf der Suche nach einem neuen Investor war.
Als General Motors vor wenigen Wochen zur Überraschung der deutschen Bundesregierung bekannt gab, Opel behalten und nicht an den austrokanadischen Zulieferer Magna verkaufen zu wollen, zog die Regierung ihre Unterstützungszusagen zurück.

Wäre Magna zum Zug gekommen, hätte Opel Hilfszahlungen in Höhe von 4,5 Mrd. erhalten. Das Angebot gilt für GM aber nicht mehr, ließ die deutsche Regierung wissen. Zudem muss GM den Überbrückungskredit zurückzahlen. Einige Tranchen hat der Konzern bereits überwiesen. Bis Ende November soll der noch ausstehende Betrag beglichen werden.

Morgen, Mittwoch, dürften Gewerkschaftsvertreter von Opel und GM über die Sanierung diskutieren. Inwieweit die Opel-Mitarbeiter die Restrukturierung mittragen, ist unklar.

In Österreich hat GM die Möglichkeit, staatliche Hilfe in Form von Haftungen im Rahmen des Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetzes zu beantragen. Der Haftungsrahmen je Unternehmen beträgt 300 Mio. Euro. Österreich hat für Magna rund 160 Mio. Euro bereit gehalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2009)

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