Die Hypo-Affäre wird uns Milliarden kosten – das schreit nach Konsequenzen. Was da aus dem Hypo-Sumpf am Wörthersee hochsteigt, stinkt gewaltig. Wo das Geld geblieben ist, findet in Kärnten niemand interessant.
Kärntens Finanzlandesrat Dobernig hat am vergangenen Samstag im Rundfunk quasi offiziell einbekannt, dass das Bundesland, dessen Finanzen er verwaltet, pleite ist: Man könne doch nicht annehmen, dass ein so kleines Land die 168 Millionen Euro Kapitaleinschuss zur Rettung der Hypo Alpe Adria stemmen könne, hat er gemeint.
Nehmen wir auch nicht an, Gott behüte. Und jetzt arbeitet das zuständige Pflegschaftsgericht sicher schon intensiv an der Sachwalterbestellung für jene Personen (ein paar leben ja noch), die einem Land, das 168 Millionen Euro nicht aufstellen kann, Haftungen über 20.000 Millionen (von denen 18.000 Millionen noch offen sind) umgehängt haben.
Nein? Die finden das alle ganz normal? Auch das haben wir uns ungefähr so gedacht. Ein bisschen merkwürdig ist es aber schon, dass die zuständige Staatsanwaltschaft bei all dem, was in den vergangenen Tagen und Wochen ans Tageslicht gedrungen ist, so entspannt agiert.
Was da aus dem Hypo-Sumpf am Wörthersee hochsteigt, stinkt nämlich gewaltig. Nach Korruption, Nepotismus und anderen unappetitlichen Dingen. Und weil da eine Menge öffentlicher Gelder aus Österreich und Bayern auf dem Spiel stehen, gibt es ein eminentes öffentliches Interesse an Aufklärung. Die regional zuständigen Behörden sehen das aber offensichtlich ein wenig anders.
Ein schönes (wenn im Gesamtkontext vom Umfang her auch nur kleines) Beispiel dafür ist die Sache um das später auf sechs Millionen reduzierte Zwölf-Millionen-Euro-Honorar für den Villacher Steuerberater und Haider-Freund Birnbacher, bei dem heute noch niemand weiß, welche Gegenleistung dafür eigentlich erbracht wurde. Birnbacher war jedenfalls beauftragt, Gespräche mit genau drei in den Hypo-Verkauf an Bayern involvierten Personen zu führen. Dafür scheinen zwölf Millionen vereinbartes Honorar ein wenig üppig.
Was genau da passiert und wo das Geld (bisher sind 4,5 Millionen geflossen) wirklich gelandet ist, findet in Kärnten aber niemand interessant. Das Oberlandesgericht Graz hat Anzeigen wegen Untreue gegen Birnbacher und gegen den in die Honorargeschichte auf „Geberseite“ involvierten Kärntner ÖVP-Chef Martinz (für alle gilt naturgemäß die Unschuldsvermutung) erst kürzlich zurückgelegt. Nicht, weil man trotz heftigsten Suchens nicht fündig geworden wäre. Sondern überwiegend wegen mangelnder Klagslegitimation der „Einschreiter“.
Lustig: Untreue ist ja wohl ein Offizialdelikt. Bei derartigem Verdacht müsste die Staatsanwaltschaft also eigentlich von sich aus tätig werden. Das kann man aber wohl nicht verlangen von einer Behörde, die regelmäßig zur Verteidigung des Landeshauptmanns ausrückt.
Erst kürzlich hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt Landeshauptmann Dörfler ja schon zum zweiten Mal öffentlich zum juristischen Volldeppen („kann mangels juristischer Bildung die Folgen seines Handelns nicht abschätzen“) erklärt, um ihn in der leidigen Ortstafelfrage vor möglicher Verfolgung zu schützen.
Die Hypo-Affäre wird uns alle noch Milliarden kosten, das lässt sich nicht mehr ändern. Um solche Fälle künftig zu vermeiden, wird man aber wohl Vorsorge treffen müssen. Zu wünschen wären:
•Die Installierung einer echten überregionalen Korruptions-Staatsanwaltschaft, die in solchen Fällen ohne Rücksicht auf lokale Netzwerke tätig werden kann. Regionale Behörden sind dazu selbst bei Gutwilligkeit nicht in der Lage.
•Die schnelle Schaffung eines Banken-Sonderinsolvenzrechts (wie es Finanzminister Pröll ohnehin schon angedeutet hat), das es ermöglicht, die guten Teile aus einer in Schieflage geratenen Bank ohne Nachteile für Sparer und Kreditnehmer herauszulösen und die Alteigentümer (statt der Steuerzahler) auf den Verlusten sitzen zu lassen.
•Und (im Rahmen der anstehenden Bundesstaatsreform) die Schaffung von Eingriffsmöglichkeiten in die Länderautonomie bei Gefahr im Verzug. Damit nicht, wie im Fall Hypo, die Landesbankrotteure auch noch rotzfrech auftreten können, weil sie wissen, dass ihr wirtschaftliches Versagen ab einer bestimmten Dimension zum (existenzgefährdenden) Problem des Bundes wird.
Zumindest Letzteres ist zwar realpolitisch nicht sehr wahrscheinlich. Aber wünschen wird man sich wohl noch was dürfen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2009)