Goodwilltour der Royals in Germany

Empfang für die Royals vor dem Brandenburger Tor: Kate und William – und mehr noch ihren Kindern – fliegen die Herzen zu.
Empfang für die Royals vor dem Brandenburger Tor: Kate und William – und mehr noch ihren Kindern – fliegen die Herzen zu.(c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Prinz William, seine Frau Kate und ihre beiden Kinder sollen das vom Brexit angekratzte Image Großbritanniens aufpolieren.

Berlin. Sonnenschirme mit dem Union-Jack-Motiv wölbten sich über der Menschenmenge am Pariser Platz, und die Stimmung im Herzen des hochsommerlichen Berlin war geprägt von heiterer, touristischer Schaulust.

Mitarbeiter der um die Ecke gelegenen britischen Botschaft hatten vor dem Brandenburger Tor Fähnchen in den britischen Nationalfarben verteilt, um die hohen Gäste aus London in der deutschen Hauptstadt standesgemäß willkommen zu heißen. Als Prinz William und seine Frau Kate schließlich über den Platz schritten, der die Stadt beinahe drei Jahrzehnte in zwei Teile trennte, brandete sogleich Jubel auf – umso mehr, als sich die Royals minutenlang im zwanglosen Small Talk übten, Hände schüttelten und völlig unkompliziert für Selfies posierten.

Politische Mission

Der dreitägige Deutschland-Besuch des Prinzenpaars, die Gartenparty in der Residenz des britischen Botschafters am Mittwochabend, die Stippvisite im Berliner Szenelokal Clärchens Ballhaus, der Abstecher heute in die süddeutsche Unistadt Heidelberg zu einer Ruderregatta, zum Abschluss das Konzert in der Hamburger Elbphilharmonie am Freitag gelten als gesellschaftliches Highlight im deutschen Sommer und als Pause im laufenden Vorwahlkampf für die Bundestagswahl in zwei Monaten.

Mit ihren Kindern im Schlepptau – George, der am Samstag seinen vierten Geburtstag feiern wird, und der zweijährigen Charlotte – waren Kate und William aus Polen zur Goodwill-Tour nach Deutschland aufgebrochen. Im expliziten Auftrag des Außenministeriums in London haben sie gleichsam als Brexit-Botschafter eine politische Mission zu erfüllen: In einer Charmeoffensive sollen sie für das Königreich werben, das am Anfang eines chaotischen und garstigen Scheidungsprozesses mit der Europäischen Union steckt und im Begriff ist, viele Sympathien in Europa zu verspielen. Auch Williams Vater, Prinz Charles, sowie dessen Frau Camilla sind in die Imagekampagne eingespannt. Im Frühjahr haben sie eine Tour durch Osteuropa und Italien absolviert, die sie am Ende auch nach Wien führte.

Die britischen Diplomaten hatten Kate und William dem Vernehmen auch ans Herz gelegt, die Kinder zur insgesamt fünftägigen Auslandsreise mitzunehmen. George hatte bereits Barack Obama und Justin Trudeau bezaubert. Für den Lunch bei Angela Merkel im Kanzleramt wollte er sich indessen nicht bezirzen lassen. Die Kinder blieben in Obhut der Nanny, während die Kanzlerin dem Prinzenpaar auf der Terrasse den Panoramablick über Berlin darbot. Die deutsche Regierungschefin wollte nebenbei auch Interna über die Brexit-Strategie der Regierung in London in Erfahrung bringen. Zum Auftakt der Verhandlungen in Brüssel war der britische Minister David Davis ziemlich blank erschienen.

Machtkampf in London

In London tobt hinter den Kulissen ein Machtkampf zwischen Davis, Außenminister Boris Johnson und Premierministerin Theresa May. Die Regierungschefin rief jüngst die Tories dazu auf, die Querelen zu beenden. Längst laufen in London indessen die Wetten, ob es womöglich noch vor dem Parteitag der Konservativen im Oktober in Manchester zu einem Putsch gegen May kommen wird.

Parteifreundin Merkel hat derartiges nicht zu befürchten. Alle Umfragen weisen einen höchst komfortablen Vorsprung für die Kanzlerin aus. Laut Meinungsforscher Manfred Güllner könne nur ein Wunder ihre Wiederwahl verhindern. Entsprechend entspannt gibt sich Merkel bei ihrem „Wohlfühlwahlkampf“ in den Ostseebädern, die harschen und immer verzweifelteren Attacken der SPD-Spitzen lässt sie nonchalant abblitzen. Dass sich ihr Herausforderer Martin Schulz heute im Pariser Elysée-Palast mit Emmanuel Macron zeigen wird, kann sie getrost verwinden: Sie war vorige Woche dort.

Die Deutschen stehen momentan ohnehin im Bann der Royals. Gestern ließen sich Kate und William durchs Holocaust–Mahnmal führen, ehe sie das Jugendzentrum „Bolle“ in Marzahn besuchten und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihre Aufwartung machten – ohne George und Charlotte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2017)

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