Kroatien: Wer finanzierte Bandics Wahlkampf?

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Noch-Präsident Stipe Mesic greift direkt in das Duell um seine Nachfolge ein. Mit seinen gegen Bandic gerichteten Äußerungen hat Stipe Mesic nun Öl in das auflodernde Feuer der Wahlkampagne gegossen.

SPLIT. Nach dem ersten Wahlgang der kroatischen Präsidentschaftswahlen scheint der Wahlkampf eigentlich erst so richtig zu beginnen: Die öffentliche Meinung wird jetzt polarisiert. Denn die vom Wähler geschaffene Paarung bei der Stichwahl – der Sozialdemokrat Ivo Josipovic gegen den sozialdemokratischen Dissidenten und Bürgermeister von Zagreb, Milan Bandi? – fordert dazu heraus, Position zu beziehen.

Mit seinen gegen Bandic gerichteten Äußerungen hat der noch amtierende Präsident Stipe Mesic nun Öl in das auflodernde Feuer der Wahlkampagne gegossen.

So forderte Mesic beide Kandidaten auf, die Finanzierung ihres Wahlkampfes offenzulegen. Da bei Josipovic hier alles regulär verlaufen sein dürfte, verstand die Öffentlichkeit diese Kritik als eindeutig gegen Bandic gerichtet. Denn der hat bisher nur eine verschwindend geringe Summe als Wahlkampfbudget angegeben. Mesic erklärte, er wisse aus eigener Erfahrung, dass die Kosten etwa zehnmal so hoch sein müssten. Damit bestätigte er implizit die schon länger erhobenen Vorwürfe von Transparency International und anderen Institutionen gegen Bandic, es mit Abrechnungen nicht ganz so genau zu nehmen. Bandi? habe zudem seinen Freunden Bauaufträge vermittelt und sich Provisionen verschafft. So habe er in Zagreb WCs für mehrere Millionen Kuna bauen lassen.

Auf allen vieren

Zudem forderte Mesic, ein kroatischer Präsident müsse Englisch sprechen können. Bandic tut dies nicht. Mesi? lobte dagegen Ivo Josipovic wegen seiner Verfassungs- und Gesetzestreue und seiner proeuropäischen Grundhaltung, was für Kroatien in der jetzigen Lage sehr vorteilhaft sei. In das gleiche Horn stieß die Kandidatin der Kroatischen Volkspartei, Vesna Pusic, die im ersten Wahlgang 7,5 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Sie forderte ihre Anhänger auf, Josipovic zu unterstützen.

Vorsichtig blieb dagegen die amtierende Premierministerin und Vorsitzende der Regierungspartei HDZ, Jadranka Kosor, die derzeit keine Empfehlung aussprechen will: „Keiner der Kandidaten entspricht unseren Vorstellungen.“

Wie das Wahlvolk wirklich reagiert, kann trotz der Kampagne gegen Bandi? nicht abgeschätzt werden. Sie könnte sogar kontraproduktiv sein und dem Angegriffenen neue Wähler zutreiben. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Vetternwirtschaft wurden schon bei den Wahlen für das Bürgermeisteramt in Zagreb erhoben – und Bandi? gewann mit 60 Prozent der Stimmen. Auch Mesic spreche nicht Englisch, konterte das Bandic-Lager, und sei trotzdem Präsident gewesen. Er habe ja selbst vor zehn Jahren erklärt, ein kroatischer Präsident brauche kein Dolmetscher zu sein.

Der jovial auftretende Bandic gibt sich als volkstümlicher Kämpfer. Bei einer Kranzniederlegung für die Gefallenen des Krieges rutschte er auf dem Eis vor dem Denkmal aus und fiel mitsamt dem Kranz hin. Als er dann auf allen vieren zum Denkmal kroch, hat er viele Sympathien in konservativen Kreisen gewonnen. Und darauf setzt er. Er zündet Kerzen in der Kathedrale von Zagreb an und lobt die Kämpfer im „Heimatkrieg“.

Viel Luft nach oben

Der aus der Herzegowina stammende Bandi? spricht sich jetzt sogar für die Bildung eines kroatischen Teilstaates in Bosnien und Herzegowina aus – und stößt damit auf Sympathien im nationalistischen Lager. „Wenn die Italiener für Berlusconi stimmten und die Amerikaner für Bush, warum sollten die Kroaten schlauer sein?“, fragen sich kroatische Journalisten schon. Bei der niedrigen Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang von 44Prozent sei für Bandi? noch viel Luft nach oben.

AUF EINEN BLICK

Milan Bandi? sorgte am Sonntag mit seinem Einzug in die Stichwahl für eine Belebung des kroatischen Präsidentschaftswahlkampfs. Der Bürgermeister von Zagreb wurde von den Sozialdemokraten ausgeschlossen und könnte sogar deren Kandidaten, Ivo Josipovi?, gefährlich werden. Es gibt jedoch Fragezeichen hinter seiner Wahlkampffinanzierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2009)

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