Den österreichischen Zeitgenossen des Jahres 1917 war bewusst: In Russland vollzog sich mit dem Sturz des Zaren eine gewaltige Umwälzung, die krisengeschüttelte und kriegsmüde Monarchie fürchtete Fernwirkungen. Dass der Revolution eine kommunistische Diktatur folgen würde, nahm keiner an.
Auch Österreich hatte 1917 seinen Bolschewiken, einen prominenten sogar. Der Sozialdemokrat Otto Bauer stand für österreichische Verhältnisse so weit links, dass er auch von seinem Parteifreund Victor Adler dieses schmückende Beiwort erhielt, freilich mit dem Zusatz „ein wenig zu viel Bolschewik“, er müsse sich „an das hiesige Milieu erst anpassen“. Otto Bauer war als einer von 15.146 Offizieren der k. u. k. Armee in russische Kriegsgefangenschaft geraten, die Februarrevolution 1917 und die Absetzung des Zaren löste bei den Kriegsgefangenen Euphorie aus, nur die russischen Bauernsöhne, erzählte er, verstanden die Welt nicht mehr: „Sonderbar, wir haben keinen Zaren mehr.“
Otto Bauer baute Kontakte mit Menschewiki auf, lebte in Petrograd, im Herzen der Revolution, und konnte ihren Rhythmus studieren. Er erwartete einen Revolutionszyklus, die österreichische Sozialdemokratie müsse darauf vorbereitet werden, er wollte aktiv sein. Für seine Heimkehr in die Heimat sorgte Parteiführer Victor Adler mit einer erfolgreichen Intervention. Er galt nun in Wien als Experte für die Russische Revolution.