Die von der EU ausgebildete libysche Küstenwache bringt Bootsflüchtlinge in Internierungslager, wo sie unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt sind. In vielen Fällen haben Hilfsorganisationen keinen Zugang.
Wien. Zusammengepfercht sitzen Dutzende Männer im Staub einer Lagerhalle in Abu Salim, Tripolis. „God help us“ hat jemand auf die schmutzige Wand gekritzelt – doch das Schicksal der in Libyen inhaftierten Flüchtlinge ist völlig ungewiss. Seit die Lage im Mittelmeer sich wieder zugespitzt hat – die Internationale Organisation für Migration (IOM) spricht bereits von knapp 3000 Toten in diesem Jahr – setzt die Europäische Union noch stärker auf Abschreckung, um die Zahl jener Menschen, die nach Europa übersetzen, einzudämmen. Die Ausbildung der libyschen Küstenwache soll verdoppelt werden: Das gab der zuständige Befehlshaber der EU-Mission Sophia, Enrico Credendino, Ende dieser Woche bekannt. 200 weitere Libyer werden für Einsätze gegen Schlepper geschult, die Gesamtzahl soll bis zum kommenden Sommer 400 betragen.
Folter und sexuelle Ausbeutung
Doch die Kritik, die besonders internationale Menschenrechts- und Nothilfeorganisationen an dieser Strategie üben, reißt nicht ab – im Gegenteil. Die libysche Marine nämlich bringt die Flüchtlinge direkt zurück ans Festland. Dort sind sie in den Internierungslagern unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt, wie Marcus Bachmann, Verantwortlicher für humanitäre Angelegenheiten bei Ärzte ohne Grenzen (MSF), im Gespräch mit der „Presse“ betont.