Super-Super-Minister Seehofer und die Söder-Show

APA/dpa/Sven Hoppe
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Der wankelmütige CSU-Chef geht nach Berlin und macht keinen Rückzieher wie 2005 Edmund Stoiber. Markus Söder läuft sich im Breitwand-Format für den Wahlkampf warm.

München. In schönster Eintracht waren die CSU-Granden zum Gaudium des Publikums neulich beim Starkbieranstich auf dem Münchner Nockherberg versammelt – dem traditionellen „Politiker-Derblecken“, einem kabarettistischen Höhepunkt der Fastenzeit in Bayern. „Mama Bavaria“ sparte nach den monatelangen Intrigen und Diadochenkämpfen nicht mit Spitzen und Sottisen gegen die Partei-Intimfeinde Horst Seehofer und Markus Söder, den „amtierenden“ und den „gefühlten“ Ministerpräsidenten, wie sie höhnte. Im Singspiel lief Söder, der Ministerpräsident in spe, als Revolverheld „El Marco“ durch die Westernszenerie der „Glorreichen Sieben“, den es zum Showdown drängt – und seinen Vorgänger, den „Seelenspezi“ Seehofer, in den Ruhestand.

Horst Seehofer denkt indes nicht ans Ausgedinge. Der CSU-Chef, der demnächst das Amt des Ministerpräsidenten an seinen ungeliebten Thronfolger abgeben wird, schwankte indessen allerdings, ob er – wie geplant – als Superminister nach Berlin gehen soll. Am Montag will er den Parteifreunden und der Öffentlichkeit die CSU-Ministerliste präsentieren. Für das Entwicklungs- und das Verkehrsministerium gibt es drei Kandidaten: den bisherigen Minister Gerd Müller, die Staatssekretärin Dorothee Bär und den Generalsekretär Andreas Scheuer.

Die CSU war indessen kurzzeitig irritiert, als Seehofer seinen Wechsel in die Hauptstadt kürzlich nur mehr als „wahrscheinlich“ bezeichnete. Die Meinungsumschwünge und der Wankelmut des CSU-Chefs sind berüchtigt. In München fragten sich manche: Macht Seehofer auf Edmund Stoiber? Der frühere CSU-Chef hatte sich 2005 in Berlin ein Super-Wirtschaftsministerium maßschneidern lassen, um am Ende einen Rückzieher zu machen und in München zu bleiben. Es war der Anfang vom Ende seiner Karriere. Ein Jahr später putschten die CSU-Granden gegen den vermeintlich allmächtigen Stoiber, der insgeheim als Zauderer galt. Er hatte sich eine Blöße gegeben und sich zum Gespött der Republik gemacht. Für Söder, damals Generalsekretär, Scharfmacher und politischer Ziehsohn Stoibers, war dies eine Lektion.

Eine Verlegenheitslösung

Thomas de Maizière, der bisherige CDU-Innenminister, hatte den CSU-Chef nun ins Räsonieren gebracht. Das um die Agenden Wohnbau und Heimat aufgeblähte Ministerium, das sich in erster Linie mit innerer Sicherheit und so heiklen Themen wie Terrorabwehr, Cyber-Kriminalität und Migration befasst, könnte dem Ressortchef über den Kopf wachsen, gab er in einem FAZ-Interview zu bedenken. Es wäre zudem von Vorteil, wenn ein Jurist das Ressort führen würde.

Seehofer deklarierte sich daraufhin prompt als „Erfahrungsjurist“. „Paragrafenschusterei“ freilich sei seine Sache nicht. Bei einem Spitzentreffen in Berlin verhandelte er am Donnerstagabend über den endgültigen Zuschnitt des „Super-Superministeriums“, wie „Mama Bavaria“ stichelte. Ohnehin hatte der CSU-Chef zunächst mit dem Finanz- und dem Arbeitsministerium kokettiert, die sich aber die SPD sicherte. Im Feilschen ging das Innenministerium an die CSU, das Seehofer ursprünglich Joachim Herrmann – dem bayerischen Innenminister – zugedacht hatte. Für Seehofer ist es eher eine Verlegenheitslösung.

Söder versucht sich in Demut

Söder läuft sich in der Zwischenzeit für den Wahlkampf für die Landtagswahl am 14. Oktober warm. Beim Faschingstreiben in seiner fränkischen Heimat kostümierte sich der 51-Jährige mit dem Faible für originelle Verkleidungen als Prinzregent Luitpold – mithin als Landesvater. Er hat schon auf Wahlkampf-Modus umgestellt. Bei einer Tour durch die bayerischen Kinos inszeniert er sich jetzt immer montags jovial als Politiker zum Angreifen, als passionierter Schwimmer und Tierliebhaber, der offenherzig über seine Familie und seinen Glauben plaudert. Wegen seines großen Mundwerks eigne er sich nur zum Pfarrer oder Politiker, habe ihm sein Vater gesagt. Markus Söder also in Cinemascope und in Schnappschüssen aus dem Privatleben. Als Teenager hatte er bereits ein Strauß-Poster über sein Bett gehängt. Den Anfang für die Söder-Personality-Show machte der evangelische Franke aus Nürnberg ausgerechnet im katholisch geprägten oberbayerischen Bad Tölz.

Neuerdings versucht er sich in Demut. Zehn Jahre wolle er im Amt bleiben – mehr nicht, betont er ein ums andere Mal. Bei den Wählern kommen die leiseren Töne des oft vorlauten und ehrgeizigen CSU-Frontmanns an. In den Umfragen legte die Partei nach dem Bundestagswahl-Debakel auf 42 Prozent zu, was freilich noch ein gutes Stück von der Messlatte der absoluten Mehrheit entfernt ist – seit jeher Maßstab der CSU. Zu Zeiten von Franz Josef Strauß und dessen Schülers Edmund Stoiber galt in der Partei das Motto „50 plus“. Dies erfülle nunmehr auch Söder, spöttelte „Mama Bavaria“ in Bezug auf sein Alter.

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