Haiti: "Das Volk ist tüchtig und solidarisch im Schmerz"

SOS-Kinderdorf in Haiti
SOS-Kinderdorf in Haiti(c) EPA (Ulises Rodríguez)
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Die Opferzahl nach dem verheerenden Erdbeben steigt auf 230.000. Damit könnten mehr Menschen gestorben sein als beim Tsunami in Südasien 2004. Indes warnt das Kinderhilfswerk Unicef vor Kindesentführungen.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef hat vor Kindesentführungen aus dem vom Erdbeben zerstörten Haiti gewarnt. Die Organisation will besonders Kindern helfen, die ihre Eltern verloren haben oder vermissen, wie Unicef-Chefin Ann Veneman in einem Interview der Nachrichtenagentur AP sagte. So sollen Kinder Armbänder erhalten, um sie später mit ihren Eltern zusammenzuführen.

Kinderarbeit, Prostitution, illegale Adoptionen

Die Unicef befürchtet, dass Minderjährige heimlich außer Landes gebracht und sie zu Kinderarbeit oder Prostitution gezwungen werden könnten. Auch illegale Adoptionen sollen verhindert werden. Schätzungen zufolge sind 45 Prozent der neun Millionen Haitianer unter 18 Jahren.

In der vergangenen Woche wurden zehn Amerikaner angeklagt, die 33 haitianische Kinder in die benachbarte Dominikanische Republik bringen wollten. Ihnen wird Entführung und die Gründung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Bei den Verdächtigen handelt es sich um baptistische Missionare, die die Kinder nach eigener Aussage in ein Waisenhaus bringen wollten.

Mehr Opfer als beim Tsunami befürchtet

Bei dem Erdbeben könnten mehr Menschen ums Leben gekommen sein als beim Tsunami in Südasien im Jahr 2004. Die Regierung des Landes erhöhte die Opferzahl von 212.000 auf 230.000. Auch beim Tsunami kamen etwa so viele Menschen ums Leben. Kommunikationsministerin Marie Laurence Jocelyn-Lassègue geht aber nach eigenen Worten davon aus, dass die Zahl noch nicht endgültig ist. In der Zählung seien private Begräbnisse noch nicht enthalten.

Der Wiederaufbau der rund 250.000 zerstörten Häuser in Haiti wird nach den Worten von Ministerpräsident Jean-Max Bellerive bis zu zehn Jahre dauern. Etwa eine Million Menschen leben auf den Straßen, weil ihre Wohnungen zerstört sind oder weil sie sich nicht in ihre Häuser trauen. Die Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) will Haiti bei der Bewältigung der Erdbebenkatastrophe mit 300 Millionen Dollar unterstützen. Das beschlossen die Präsidenten und Regierungschefs am Mittwoch auf dem Unasur-Gipfeltreffen in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito.

Sie wollen bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank einen Kredit in Höhe von 200 Millionen Dollar beantragen. Außerdem wollen die Länder Kredite in Höhe von 100 Millionen selbst aufbringen, wie die Presse in Ecuador am Montagabend berichtete. Das Geld sei für den Wiederaufbau der Infrastruktur in der bei Erdbeben am 12. Jänner zerstörten Hauptstadtregion vorgesehen.

"Solidarisch im Schmerz"

Haitis Präsident René Preval hatte den Präsidenten und Regierungschefs zu Beginn des Treffens die Lage in seinem Land geschildert und um klare Zusagen für Finanzhilfen gebeten. Das haitianische Volks sei keineswegs resigniert, sagte er. "Es ist tüchtig und solidarisch im Schmerz." Sein Land benötige dringend Zelte und Unterkünfte für mehrere Familien, auch müssten Straßen und der Flughafen von Port-au-Prince wieder hergestellt werden.

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