Durch das Wegfallen ihrer Galionsfigur, Matthias Strolz, wird es für die Partei schwieriger. Beate Meinl-Reisinger gilt als Favoritin für die Nachfolge. Eine Vorentscheidung dürfte am Mittwoch fallen.
Wien. Matthias Strolz hat den Neos die Flügel gehoben. Nun müssen die Pinken ohne ihren bisherigen Frontmann weitermachen. Strolz verkündete am Montag seinen schrittweisen Abschied als Parteichef und Klubobmann. Vor sieben Jahren hat er das Projekt einer liberalen Partei ins Leben gerufen, jetzt, zwei erfolgreiche Nationalratswahlen später, zieht er sich schrittweise aus allen politischen Funktionen zurück. Eine Entscheidung mit Folgen – aber wie geht es nun bei den Neos weiter?
1. Was sind die Hintergründe für den Rücktritt?
Strolz hat betont, dass es keinen aktuellen Grund für seinen Rückzug gebe. Aber er hat immer schon erklärt, dass er nicht für immer in der Politik bleiben wolle. Als Zeithorizont für sein Engagement hat er bisher zehn Jahre angegeben. Die Neos sind 2012 gegründet worden und 2013 erstmals ins Parlament eingezogen – so gesehen kommt Strolz' Abschied nun doch deutlich früher als ursprünglich gedacht. Parteiinternen Druck auf Strolz dürfte es aber nicht gegeben haben – auch wenn nicht alle bei den Neos mit seinen Aussagen über einen drohenden Bürgerkrieg aufgrund der Migrationsentwicklung glücklich gewesen sein sollen.
2. Wie geht es den Neos im Moment?
Erstaunlich gut. Nach dem Überraschungserfolg bei der Nationalratswahl 2013 ist im Vorjahr der Wiedereinzug ins Parlament gelungen. Dass gleichzeitig die Grünen aus dem Nationalrat geflogen sind, hilft der pinken Partei – bedient sie doch eine ähnliche Zielgruppe: die urbane gebildete Wählerschicht. Auf Landes- und Gemeindeebene sind die Neos noch nicht so weit, da gab es sowohl Erfolgserlebnisse als auch einige Dämpfer.
In Vorarlberg, Tirol, Wien und Niederösterreich glückte der Einzug in den Landtag, in Oberösterreich, der Steiermark, im Burgenland und in Kärnten reichte es dagegen nicht. Das beste Ergebnis haben die Neos erst vor wenigen Wochen in Salzburg erzielt, wo sie 7,2 Prozent der Stimmen erreicht haben und derzeit mit ÖVP und Grünen über eine Landesregierung verhandeln. Es wäre die erste Regierungsbeteiligung für die Partei.
3. Gefährdet der Rücktritt des Parteichefs das Projekt?
Leichter wird es sicher nicht. Der Spitzenkandidat spielt in Wahlkämpfen eine entscheidende Rolle. Strolz hat gezeigt, dass ihm diese liegen – und dass er auch in schwierigen Situationen die Aufmerksamkeit für sein Projekt auf sich lenken kann. Welchen Einfluss ein nicht optimaler Spitzenkandidat haben kann, wissen die Neos von der EU-Wahl 2014. Damals waren sie nach der erfolgreichen Nationalratswahl auf einem Höhenflug und hofften auf ein zweistelliges Ergebnis – ehe nicht ganz so geglückte Auftritte der Spitzenkandidatin, Angelika Mlinar, die Partei auf acht Prozent zurückfallen ließen.
Strolz sieht ein Wählerpotenzial von 20 Prozent für seine Partei. Um das auszuschöpfen, müsste der Nachfolger von Strolz (oder die Nachfolgerin) aber noch Berge versetzen. Zuletzt lag die Partei in bundesweiten Umfragen bei maximal acht Prozent.
4. Wer könnte Strolz als Parteichef nachfolgen?
Die logische Nachfolgerin wäre die Wiener Parteichefin, Beate Meinl-Reisinger. Sie galt auch bisher schon als starke Frau im Hintergrund. Und sie gilt hinter den Kulissen auch als Wunschkandidatin des scheidenden Obmanns, Matthias Strolz. Momentan sitzt Meinl-Reisinger zwar im Wiener Gemeinderat. Der Wechsel in den Nationalrat wäre aber kein Problem: Wenn Strolz sein Mandat abgibt, würde Meinl-Reisinger als nächste Kandidatin nachrücken, wenn sie das wollte. Als weitere mögliche Kandidaten auf den Chefsessel werden der Medienmanager Veit Dengler – er ist Mitbegründer der Neos – und der Neos-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak genannt.
5. Wann entscheiden die Neos über die Nachfolge?
Am Montag gab es eine Telefonkonferenz, am Mittwoch berät der erweiterte Parteivorstand persönlich über die Nachfolge, da sollte es eine Vorentscheidung geben. Ende Juni gibt Strolz den Parteivorsitz ab, der Nachfolger wird bei einer Mitgliederversammlung gewählt. Im Herbst scheidet Strolz dann auch aus dem Nationalrat aus – und ein neuer Abschnitt für die Neos beginnt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2018)