Wiener Grüne: Neun Kandidaten wollen Vassilakou nachfolgen

LANDESVERSAMMLUNG DER WIENER GRUeNEN: VASSILAKOU
LANDESVERSAMMLUNG DER WIENER GRUeNEN: VASSILAKOUAPA/GEORG HOCHMUTH
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Bei den Wiener Grünen bewerben sich neun Kandidaten um den Chef-Sessel. Reelle Chancen werden aber nur drei davon zugerechnet.

Bis Dienstag Mitternacht lief die Frist um die Bewerbung für das Spitzenamt bei den Wiener Grünen. Neun Personen rittern um die Spitzenkandidatur bei den Wiener Grünen und damit um die Nachfolge von Frontfrau Maria Vassilakou. Diese verkündete am Sonntag, dass sie sich von ihrem Posten zurückziehen werde.

Abgesehen von Klubchef David Ellensohn und den Gemeinderäten Peter Kraus und Birgit Hebein sind allerdings keine bekannten Namen mehr dazu gekommen. Zusätzlich haben sich sechs Personen beworben: Marihan Abensperg-Traun, Harald Frassine, Bernhard Redl, Ruth Trefny, Jovan Stoikovic und Benjamin Kaan. Bis auf letzteren - er ist grüner Bezirksrat in Meidling - haben diese Einzelkämpfer keinen direkten Konnex zu den Wiener Grünen. Bewerber gab es noch einige mehr, diese mussten aber aussortiert werden, "da sie die formalen Kriterien nicht erfüllt haben", hieß es.

Die drei Namen gelten somit als jene Kandidaten mit realen Chancen, die Regierungspartei in die 2020 anstehende Wiener Gemeinderatswahl zu führen.

Politprofi Ellensohn

David Ellensohn (55) gehört seit Jahren zum Führungszirkel der Wiener Grünen. Seit inzwischen acht Jahren ist er Klubchef der Rathausfraktion und somit wesentlicher Player in der rot-grünen Stadtregierung. Außerdem ist er derzeit Fraktionsführer in der U-Kommission zum Krankenhaus Nord. Der gebürtige Halbbrite und bekennende Fußballfan verdingte sich in den 1990er-Jahren als Sportjournalist, bevor er in Rudolfsheim-Fünfhaus zu den Bezirks-Grünen stieß und 2001 in den Gemeinderat aufrückte. Vor seiner Berufung zum Klubchef war er ab 2004 nicht amtsführender Stadtrat der Wiener Grünen.

Der Politprofi mit hörbarem Vorarlberger Akzent - Ellensohn wurde zwar in London geboren, verbrachte seine Kindheit aber im Ländle - fühlt sich vor allem dem Thema Bildung verpflichtet. Der Vater von drei Kindern gilt als durchaus mitreißender Redner, der im verbalen Gefecht auch vor deftiger Wortwahl nicht zurückschreckt. Erst im Sommer beschimpfte er in einer Gemeinderatssitzung FPÖ-Mandatare als "empathielose Arschlöcher".

David Ellensohn im "Presse"-Interview

"Radikal-realistischer" Kraus

Peter Kraus (31) kommt aus dem Umfeld der spätestens im Sommer 2019 scheidenden Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, deren stellvertretender Büroleiter er einst war. Der gebürtige Niederösterreicher und studierte Volkswirt sitzt seit 2015 im Gemeinderat, wo er sich vor allem den Themen Jugend und Wirtschaft widmet. Davor war er fünf Jahre lang Bezirksrat in der Brigittenau. Der Jungpolitiker ist als Sprecher der "Grünen Andersrum" zudem in der Gay-Community engagiert.

Kraus, der in der Öffentlichkeit bisher kaum präsent war, bemüht sich vor allem darum, einen Generationenwechsel zu signalisieren - und zwar nicht nur in Sachen Alter, sondern auch bezüglich Selbstdarstellung. Mit eigener Website, einem Hochglanzvideo mit hippen Menschen und der Ansage, alte parteiinterne Muster hinter sich lassen zu wollen, versucht der 31-Jährige derzeit die grüne Basis für sich zu mobilisieren. Als politische Vision schwebt Kraus eine "radikal-realistische Alternative" vor, wie er es in seinem kürzlich veröffentlichten Manifest "I do care. Die Politik der Empathie und Hoffnung" formuliert.

Peter Kraus im Interview mit der "Presse"

Sozial fokussierte Hebein

Birgit Hebein (51) kommt ebenfalls aus der Gemeinderatsriege. Seit 2010 sitzt die 51-Jährige für die Grünen im Stadtparlament und ist dort Sprecherin für Soziales und Sicherheit. Davor war sie fünf Jahre lang Bezirksrätin und Klubobfrau in Rudolfsheim-Fünfhaus. Außerdem war Hebein von 2000 bis 2002 bei der Grünen Gewerkschaft AUGE aktiv. Vor ihrer politischen Karriere arbeitete die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem im Bahnhofssozialdienst der Caritas Wien und bei der Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung.

Ihren beruflichen Anfängen ist Hebein inhaltlich auch in ihrem politischen Leben treu geblieben. Ihren Fokus legt Hebein auf Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit. Als Sozialsprecherin war sie im vergangenen Jahr maßgeblich an den Verhandlungen über das neue Wiener Mindestsicherungsmodell beteiligt. Das von der SPÖ umgesetzte Alkoholverbot am Praterstern hat sie scharf kritisiert. Die gebürtige Villacherin ist Mutter von zwei Kindern.

"Presse"-Analyse über Birgit Hebein

Bisher 1020 Registrierte

Nun geht es für die Anwärter auf den ersten Listenplatz ans Sammeln von Unterstützungserklärungen. Denn um tatsächlich am grünen Wahlzettel zu stehen, brauchen Bewerber jedenfalls die Zustimmung von 100 Personen, wobei 50 davon von Parteimitgliedern kommen müssen. Wer schon mehr als zwei Perioden in ununterbrochener Reihenfolge ein Mandat im Gemeinderat und Landtag innehat, benötigt 200 Unterstützungserklärungen, 100 davon von Grün-Mitgliedern. Zeit ist bis 2. Oktober.

Um seinen Lieblingskandidaten unterstützen zu können, muss man sich online registrieren. Das haben laut stellvertretender Landessprecherin Maxie Klein bisher 1020 Menschen getan. Anschließend wird es Hearings geben. Die Abstimmung erfolgt brieflich im November. Das Prozedere für die Spitzen-Wahl ist neu. Bisher haben die Rathaus-Grünen stets durch eine Wahl bei der Landesversammlung über die Nummer eins entschieden.

Formal entscheiden die Wiener Grünen nur über den ersten Listenplatz. Tatsächlich geht es aber auch um die Nachfolge von Vassilakou als Vizebürgermeisterin sowie Verkehrs- und Planungsstadträtin. Die grüne Frontfrau, die 2005 erstmals Spitzenkandidatin war, hat erst am Sonntag angekündigt, nicht mehr anzutreten und sich spätestens Mitte 2019 aus der Kommunalpolitik zurückziehen zu wollen.

(APA)

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