Midterm Elections

Was Donald Trump nach der Niederlage im „House“ blüht

Demokraten feiern in Washington die Eroberung der Mehrheit im Repräsentantenhaus
Demokraten feiern in Washington die Eroberung der Mehrheit im RepräsentantenhausAPA/AFP/GETTY IMAGES/Zach Gibson
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Der Präsident muss sich auf Untersuchungen einstellen – und auf Kompromisse.

New York/Wien. Nach den Wahlen steuern die USA auf eine Pattstellung zu, die den heftigen politischen Streit in der mächtigsten Nation noch weiter befeuern wird. Nach dem Verlust des Repräsentantenhauses wurde die Macht des Mannes im Weißen Haus zwar beschnitten. Vor allem junge Wähler über die ganze Nation verteilt sowie die Einwohner der Suburbs, des Speckgürtels großer Städte, haben das Rennen um die Mehrheit im Abgeordnetenhaus zugunsten der Demokraten entschieden. Ein kapitaler Absturz blieb Donald Trump jedoch erspart. Gleichzeitig konnten die Republikaner ihre Mehrheit im Senat ausbauen – ein Erfolg. Was bedeutet die Wahl für Trumps Politik?

Gesetze

Der Präsident braucht von nun an die verhasste Opposition, um Gesetze durchzubringen. Bei Haushaltsfragen hat das Repräsentantenhaus das Sagen. Und der Verlust der Mehrheit berührt zentrale Wahlversprechen Trumps. Die demokratische Mehrheitsführerin im „House“, Nancy Pelosi, kündigte jedenfalls noch in der Wahlnacht an, die Gesundheitsreform von Ex-Präsident Barack Obama werde unangetastet bleiben. Damit ist die von Trump erwünschte Rücknahme der Pflichtversicherung zumindest vorläufig auf Eis gelegt.

Auch seine harte Linie im Streit um das Thema Immigration wird Trump aufweichen müssen, wenn er eine umfassende Immigrationsreform erreichen will. So ist das Schicksal der „Dreamer“, also jener Einwanderer, die als Minderjährige illegal in die USA eingereist sind, weiterhin offen. Keine Chance dürfte auch Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko haben: Die Demokraten werden der dafür benötigten Finanzierung von 25 Milliarden Dollar kaum zustimmen.

Nominierungen

Bei der Ernennung hoher Regierungsbeamter und Bundesrichter bleiben den Demokraten dagegen weitgehend die Hände gebunden. Denn für die Bestätigung seiner Wunschkandidaten braucht Trump nur die Zustimmung des Senats. Wie wichtig das ist, hat nicht zuletzt die umstrittene Bestellung des konservativen Richters Brett Kavanaugh zum Supreme Court gezeigt. Kavanaugh steht unter dem Verdacht, mehrere Frauen sexuell belästigt zu haben. Seit seiner Ernennung auf Lebenszeit im Oktober haben die Konservativen im Höchstgericht eine Mehrheit von fünf zu vier Stimmen.

Präsidiale Dekrete

Trump hat bereits damit gedroht, den zuletzt eingeschlagenen Weg, wonach er einen widerwilligen Kongress im Zweifelsfall mit sogenannten Präsidialverfügungen zu umgehen versucht, fortzusetzen. Vergangene Woche hat der Präsident etwa erklärt, auf diese Weise das Staatsbürgerschaftsrecht einschränken zu wollen, um zu verhindern, dass alle in den USA geborenen Kinder weiterhin Anspruch auf einen amerikanischen Pass haben. Juristen bezweifeln allerdings, dass die Änderung per Dekret möglich ist.

Pikantes Detail: Die Republikaner haben Trumps Vorgänger Barack Obama stets vorgeworfen, per Dekret zu regieren. Im direkten Vergleich führt allerdings der Amtsinhaber die Statistik an: Während Obama in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit 74 Dekrete erlassen hat, hat Trump bereits 86 Verfügungen unterzeichnet. Konflikte mit einer nun erstarkten demokratischen Partei sind jedenfalls programmiert.

Untersuchungen

Mit der Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen die Demokraten ab Jänner die Leitung aller Ausschüsse. Deshalb könnte dem Präsidenten nun eine ganze Reihe von Untersuchungen bevorstehen. Nicht nur die Affäre um eine potenzielle Wahleinmischung Russlands in den Wahlkampf von vor zwei Jahren könnte durch die Machtübernahme der Demokraten neuerlich an Brisanz gewinnen. Rasch dürften auch Trumps Geschäftsbeziehungen wieder zum Thema werden.

Anders als sämtliche seiner Vorgänger hat Trump es abgelehnt, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen. Nun kann der für Haushaltsfragen zuständige Ausschuss die Herausgabe der Dokumente verlangen. Sie könnten auch Aufschluss darüber geben, ob Trump Geschäftsbeziehungen zu Russland unterhalten hat oder andere Interessenkonflikte vorliegen. Überhaupt verfügen die Demokraten mit der sogenannten Subpoena, einer Zwangsmaßnahme, nun über ein machtvolles Instrument. Damit können sie durchsetzen, dass Unterlagen ausgehändigt werden, Regierungsmitarbeiter und Zeugen bei Anhörungen erscheinen müssen. So kann die Trump-Regierung genauer kontrolliert werden als bisher. Und die Demokraten haben angekündigt, genau das zu tun.

Amtsenthebungsverfahren

Sobald Sonderermittler Robert Mueller seinen Endbericht in der Russland-Affäre vorgelegt hat, besteht die Möglichkeit, dass die Abgeordneten mit einfacher Mehrheit ein Verfahren zur Amtsenthebung einleiten. Genau davor warnte am Dienstag dann auch gleich Trumps Sprecherin Sarah Huckabee-Sanders. Die Demokraten sollten „keine Zeit damit verschwenden“. Mit der gestärkten republikanischen Mehrheit im Senat rückt eine tatsächliche Amtsenthebung Trumps allerdings selbst bei Eröffnung eines solchen Verfahrens in weite Ferne: Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit im 100-köpfigen Senat erforderlich. Derzeit machen die Demokraten aber ohnehin keine derartigen Anstalten. Nancy Pelosi äußerte sich noch am Wahltag in einem Interview ablehnend zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren. Allerdings müsse man die Ergebnisse der Russland-Ermittlungen abwarten.

Außenpolitik

In der US-Außenpolitik dürfte es kaum spürbare Veränderungen geben. Die Demokraten können der Regierung im Repräsentantenhaus zwar das Leben schwermachen, indem sie beispielsweise Waffendeals mit Ländern wie Saudiarabien blockieren. Grundsätzlich hat auf diesem Gebiet aber der Senat das Sagen. Und mit Bob Corker, dem bisherigen Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses, ist nun einer der schärfsten parteiinternen Kritiker des Präsidenten aus dem Senat ausgeschieden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2018)

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