Trumps Rundumschlag gegen China

Chinas Medienvertreter warten vor dem Haus der verhafteten Huawei-Finanzchefin, Meng Wanzhou, in Vancouver.
Chinas Medienvertreter warten vor dem Haus der verhafteten Huawei-Finanzchefin, Meng Wanzhou, in Vancouver.(c) APA/AFP/JASON REDMOND
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USA. Mit der Anklage gegen Huawei zeigen die USA, dass sie die Eskalation nicht scheuen. Der Streit steht in engem Zusammenhang mit dem Handelskrieg, auch wenn das kaum jemand so sagen will.

New York. Was für ein Timing: Unmittelbar bevor eine hochkarätige chinesische Delegation in Washington eintrifft, um im schwelenden Handelskonflikt eine Lösung zu finden, explodierte in Brooklyn eine juristische Bombe. Die USA erheben formell Anklage gegen Huawei, und mit dem Konzernriesen stellen sie gleich China mit an den Pranger. Der Streit zwischen den weltgrößten Volkswirtschaften steuert auf einen neuen Höhepunkt zu. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wohin die Reise geht, und die Weltwirtschaft schaut gebannt zu.

An einen Zufall glaubt dabei freilich kaum jemand, vielmehr ist von einer bewussten Nachricht der Regierung von Donald Trump an jene von Xi Jinping die Rede. Wir sitzen am längeren Hebel, will das Weiße Haus signalisieren. Entsprechend werden die Gespräche, die ab Mittwoch in Washington stattfinden, nichts für schwache Nerven sein. Auf der einen Seite: Vizepremier Liu He, inklusive Dutzender Berater, auch der Notenbankchef, Yi Gang, ist mit dabei. Auf der gegnerischen Seite unter anderem: Finanzminister Steven Mnuchin und der Handelsbeauftragte, Robert Lighthizer. Es wird um Zölle und Tarife gehen, um Handelsgeheimnisse, um geistiges Eigentum, und natürlich auch: um Huawei.

Vorwurf: Geschäfte mit dem Iran

So beschuldigen die USA den Telekommunikationskonzern, bewusst die strengen Sanktionen gegen den Iran umgangen zu haben. Konkret geht es um die umstrittene US-Regel, wonach Banken die Finger von jenen Firmen zu lassen haben, die Geschäfte mit iranischen Unternehmen eingehen. Wird ein Finanzinstitut vom US-Markt und der weltweiten Leitwährung, dem Dollar, abgeschnitten, kommt das einem Todesurteil gleich. Ein internationaler Großkonzern wie Huawei wiederum kann ohne globale Bankbetreuung zusperren. Also verschwiegen die Chinesen gegenüber mehreren Geldhäusern, dass sie auch mit Teheran Geschäfte machen, so der US-Vorwurf.

Damit nicht genug: Anders als bisher geht Washington auch direkt gegen Einzelpersonen vor, in diesem Fall gegen Huaweis Finanzchefin, Meng Wanzhou. Sie wurde im Dezember auf Ansuchen der USA in Kanada festgenommen, nun fordert die US-Justiz die Auslieferung. Und schließlich geht es noch um den Diebstahl von geistigem Eigentum. So soll Huawei unter anderem versucht haben, vom US-Ableger von T-Mobile Technologie rund um den Bau eines Roboters zu stehlen. Kurzum: Die USA sind auf den 180.000 Mitarbeiter zählenden Konzern mit Sitz in Shenzhen gar nicht gut zu sprechen.

Nun sollten in der Theorie die gerichtliche Anklage gegen ein Unternehmen und ein Handelsstreit zweier Staaten zwei verschiedene Paar Schuhe sein. Dass das nicht so ist, hat Trump hinter vorgehaltener Hand bereits klargemacht. Für einen Kuhhandel sei er durchaus zu haben, soll er haben durchklingen lassen. Wenn China im Handelskrieg nachgebe, könne man von der Auslieferung der in Kanada festsitzenden Finanzchefin absehen, so das Kalkül. Laut will das so niemand sagen, schon gar nicht der interimistische Justizminister, Matthew Whitaker. Stichwort unabhängige Justiz.

Ob Trumps Rechnung aufgehen wird, wird sich wohl schon im Februar zeigen. Am 1. März läuft ein 90-tägiger Waffenstillstand aus, den der US-Präsident und sein chinesisches Gegenüber, Xi Jinping, Anfang Dezember in Buenos Aires vereinbart hatten. Kommt es zu keiner Einigung, wird Washington Tarife auf chinesische Importe im Wert von jährlich 200 Mrd. Dollar von zehn auf 25 Prozent erhöhen. Ein mittlerweile mehr als ein Jahr dauernder Streit würde endgültig in einen veritable n Handelskrieg ausarten. Gewinner gäbe es dabei keinen, darin sind sich alle einig. Von einem freien Warenaustausch profitieren im Prinzip alle, nicht zuletzt die Konsumenten in Form billiger Preise.

Streit um Schutz geistigen Eigentums

Und doch ist man von einem Kompromiss weit entfernt. Zwar hat Peking zugestanden, dass es künftig mehr US-Produkte importieren will. Damit kommt man einer zentralen Forderung Trumps nach. Dem Weißen Haus ist das Handelsbilanzdefizit mit China in Höhe von mehr als 350 Mrd. Dollar ein Dorn im Auge. Doch es spießt sich am technologischen Know-how und dem Umgang mit geistigem Eigentum, wie auch das Beispiel Huawei eindrucksvoll beweist. Die USA beklagen vor allem, dass Firmen, die den chinesischen Markt betreten wollen, ein Joint Venture mit einem heimischen Wettbewerber eingehen müssen. Das mache es unmöglich, geistiges Eigentum zu schützen.

Peking wiederum hält dem entgegen, dass man eine jahrzehntelange Tradition nicht von heute auf morgen über Bord werfen könne. Die chinesische Führung verweist auf ihre gute Absichten und hebt etwa die Tatsache hervor, dass man den Markt für den Kreditkartenriesen American Express geöffnet habe. Die USA wollen sich damit nicht zufrieden geben, das zeigt der Rundumschlag gegen Huawei. Eine umfassende Einigung ist bei den Gesprächen in Washington deshalb nicht zu erwarten. Im besten Fall präsentieren die tief zerstrittenen Parteien eine Absichtserklärung, dass man weiter daran arbeite, die Differenzen vor dem Fristablauf Anfang März zu beseitigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2019)

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