Bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul gab es 53,8 Prozent der Stimmen für Imamoğlu und nur 45,3 Prozent für Yildirim. Der AKP-Kandidat gestand die Niederlage ein.
Der Oppositionskandidat Ekrem Imamoğlu hat nach Auszählung fast aller Stimmen die Bürgermeisterwahl in Istanbul gewonnen. Imamoğlu erhielt am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu 53,75 Prozent der Stimmen, sein Gegner, der ehemalige Ministerpräsident Binali Yildirim, kam auf 45,43 Prozent. Der Abstand zwischen den beiden Kandidaten betrug nach Auszählung von 97,4 Prozent der Stimmen mehr als 730.000 Stimmen.
Yildirim gestand seine Niederlage ein. Er gratulierte seinem Rivalen Imamoğlu von der oppositionellen CHP am Sonntagabend bei einem Fernsehauftritt zu seinem Vorsprung und wünschte ihm viel Glück für seine künftigen Aufgaben.
Imamoğlu bezeichnete seinen Sieg als "neuen Beginn" für die Türkei. "Nicht eine einzelne Partei, sondern ganz Istanbul und die Türkei haben diese Wahl gewonnen", sagte Imamoğlu am Sonntagabend nach Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse.
Er hatte die erste Bürgermeisterwahl am 31. März knapp gewonnen. Die Wahlkommission (YSK) annullierte das Ergebnis jedoch Anfang Mai wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und gab damit einem Antrag der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan statt. Die Entscheidung begründete die Behörde unter anderem damit, dass in einigen Fällen die Vorsitzende der Wahlräte - anders als gesetzlich vorgesehen - keine Beamten gewesen waren. Die Annullierung wurde international kritisiert.
20 Prozent der Türken leben in Istanbul
Der Istanbuler Bürgermeisterposten ist der wichtigste im Land. In Istanbul leben mit rund 16 Millionen Menschen fast 20 Prozent aller Türken. Die Bedeutung der Wahl geht aber mittlerweile weit über das Lokale hinaus.
Imamoğlu war der Erste seit langem, der sich erfolgreich der Machtmaschinerie der Partei entgegengestellt hatte. Damit wurde der bisher unbekannte Lokalpolitiker zum Shootingstar. Für Erdogan-Verdrossene ist sein Erfolg ein Zeichen dafür, dass politischer Wandel möglich ist. Einige sehen ihn ihm schon den nächsten Präsidenten der Türkei.
Annulierung stieß auf heftige Kritik
Die Hohe Wahlkommission (YSK) annullierte das letzte Ergebnis allerdings Anfang Mai wegen angeblicher Regelwidrigkeiten - und gab damit einem Antrag der AKP statt. Hauptgrund war ausgerechnet eine Formalie. Auch international stieß das auf Kritik. Imamoğlu sagte am Sonntag, es sei der Tag, um diese Ungerechtigkeit wieder auszugleichen.
Die Istanbuler wählten in der feuchten sonntäglichen Hitze mit Enthusiasmus und Entschlossenheit. Viele, die dpa-Reporter in Wahllokalen ansprachen, sagten, wie wichtig die Wahl für sie sei. Einige klangen aber auch ungeduldig. "Wir hoffen, dass es diesmal Gerechtigkeit gibt. Es fühlt sich nicht gut an, noch einmal zur Wahl gezwungen zu werden, obwohl wir doch einen Gewinner hatten", sagte im Stadtviertel Üsküdar ein Mann, der sich Firat nannte. Eine alte Frau namens Fatma rief: "Die CHP hat Stimmen gestohlen! Der Präsident hat es bewiesen. Sie werden keine Chance bekommen zu gewinnen."
Wahlberechtigt waren am Sonntag rund 10,5 Millionen Menschen. Bei der Wahl am 31. März hatten rund 8,8 Millionen Menschen ihre Stimme abgegeben, was auf eine Wahlbeteiligung von 84 Prozent hinauslief. Diesmal rechnen Meinungsforscher mit einer Rekordbeteiligung.
(APA/dpa)