Großbritannien hat die EU bereits zu lang mit seinem Brexit aufgehalten. Es würde niemand verstehen, wenn die Innenpolitik noch einmal querschießt.
Wer beim Abschied zu lang in der Tür stehen bleibt, der verpatzt sich selbst den großen Moment. Großbritannien hat sich mit immer neuen Wendungen im Brexit-Drama um dieses Gefühl der eigenen historischen Bedeutung gebracht: den Aufbruch in eine neue – selbst gewählte – Freiheit, aber auch die Emotion der Trennung von den bisherigen Partnern. Diese Emotion ist nie einseitig negativ. Sie spiegelt im besten Fall den gegenseitigen Respekt wider, mit dem beide Seiten im weiteren Leben erneut aufeinandertreffen können. Jetzt aber wollen alle nur, dass die Briten endlich aus der Tür treten und gehen.
„Wir haben gelernt, geduldig zu sein“, sagte der EU-Brexit-Verhandler Michel Barnier nach der Einigung auf den Austrittsdeal. Ganz entspricht das nicht der Wahrheit. Die bisherigen EU-Partner waren bereits äußerst ungeduldig mit den sich ständig zierenden Briten. Letztlich war das Team um Barnier sogar bereit, den vor elf Monaten ausverhandelten Deal wider alle Ankündigungen doch noch einmal aufzuschnüren. Allerdings nur, um eine alte Variante – den Verbleib Nordirlands in der EU-Zollunion – wieder ins Spiel zu bringen. Statt dass ganz Großbritannien bis zu einem neuen Handelsvertrag mit der EU an das Außenhandelsregime der Gemeinschaft gebunden bleibt, wird dies nur für Nordirland gelten. Alle anderen Vorschläge hätten die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen beiden Teilen Irlands bedeutet und damit einen Bruch des Karfreitagsabkommens, das den Bürgerkrieg 1998 auf der grünen Insel beendet hat.