Er wollte Milošević „anhören“, sagt Handke in einem „Zeit“-Interview.
„Kein Wort von dem, was ich über Jugoslawien geschrieben habe, ist denunzierbar, kein einziges. Das ist Literatur“, sagt Autor Peter Handke in einem Interview, das in der aktuellen Ausgabe des deutschen Magazins „Zeit“ erschienen ist, über seine Serbien-Reiseberichte. Ausführlich äußert er sich in dem Gespräch über seine proserbische Haltung während der Jugoslawien-Kriege.
„Ich habe mich keinen Augenblick verbeugt, weder innerlich noch äußerlich“, sagt er über seinen Besuch bei Milošević im Gefängnis. „Ich wollte ihn anhören (. . .) Ich habe mir angehört, was er zu sagen hatte.“ Und zu seiner Anwesenheit bei Milošević' Begräbnis: Es sei auch „das Begräbnis von Jugoslawien“ gewesen. „Jugoslawien hat für mich etwas bedeutet. Und wenn man mir jetzt mit Serbien kommt, ist man unredlich. Ich bin wegen Jugoslawien hin.“ Im Zusammenhang mit seiner Kritik an der seiner Meinung nach einseitigen Berichterstattung zu Serbien kritisiert Handke auch die deutsche Politik: „Wie konnte Deutschland Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina anerkennen, wenn auf dem Gebiet mehr als ein Drittel orthodoxe und muslimische Serben lebten? So entstand ein Bruderkrieg, und es gibt keine schlimmeren Kriege als Bruderkriege.“
Zur Nobelpreisverleihung am 10. Dezember sind Proteste angekündigt. Mehrere Organisationen haben in einem Brief das Komitee aufgefordert, die Preisvergabe zurückzunehmen, aus Rücksicht auf die Opfer des Massakers in Srebrenica. Man habe den Brief „mit Unruhe und tiefer Besorgnis“ erhalten, so Komitee-Vorsitzender Anders Olsson. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2019)