Zum zweiten Mal in Folge ging die Oscar-Nacht ohne Gastgeber über die Bühne. Fazit: Das Experiment ist gescheitert. Fähige Bewerber gäbe es ausreichend.
Es ist der Oscars nicht würdig: Eine Gala ohne Gastgeber. Seit der Kontroverse um US-Komiker Kevin Hart vor einem Jahr ist der Job des Präsentators nun vakant. Dauerzustand ist das keiner, es wäre vielmehr eine Bankrotterklärung Hollywoods, eine Kapitulation vor politischer Korrektheit.
Noch mehr Oscars gefällig?
Um die Oscars geht es auch in der aktuellen Folge des „Presse"-Podcasts. Oscar-Gewinner Stefan Ruzowitzky und Filmkritikerin Gini Brenner diskutieren über die diesjährige Filmpreisnacht. Direkt hören gleich hier.
Man muss aber nur die diesjährige Show hernehmen und schon würden sich Alternativen zu einer gastgeberlosen Gala anbieten. Gleich zu Beginn präsentierten etwa die beiden Komiker Chris Rock und Steve Martin die Kategorie „Bester Nebendarsteller“ und empfahlen sich mit ihren selbstironischen Witzen durchaus für 2021. Sie thematisierten auch die fehlende Diversität: „Irre, wie sich die Oscars in den vergangenen 92 Jahren verändert haben: Damals gab es noch kein Nominierung für einen Schwarzen. Und heute gibt es eine.“ Tatsächlich: Unter den 20 nominierten Schauspielern findet sich nur eine dunkelhäutige Darstellerin.
Sehr frisch und neu wäre das allerdings auch nicht. Lamentieren über die Zustände, an denen sich eh nie etwas ändert ... Warum also nicht etwas Neues wagen? Wie wäre es etwa mit dem Duo Maya Rudolph and Kristen Wiig, zwei „Saturday Night Live“-Veteraninnen? Die Komödiantinnen durften zwar nur unwichtige Kategorien (Kostümdesign, Szenenbild) präsentieren, sorgten dabei aber wohl für die erfrischendsten Momente der träge dahinplätschernden Veranstaltung. „We are acting“, empfahlen sie sich auch in Richtung der anwesenden prominenten Regisseure Scorsese und Tarantino und boten obendrein eine amüsante Gesangseinlage. Hier sprühten Humor und Lebensfreude.
Oder wie wäre es mit Olivia Colman? Ihre kurze Anmoderation für die Kategorie Bester Hauptdarsteller war vermutlich der lustigste Auftritt des Abends. Die Oscar-Gewinnerin des Vorjahres erzählte strahlend, dass die letzte Oscar-Nacht die beste ihres Lebens gewesen sei - für ihren Mann. Gut gelaunt, aber nicht gekünstelt.
Angesichts von Jahr zu Jahr sinkenden Einschaltquoten haben die Oscar-Veranstalter eigentlich nichts zu verlieren. Billie Eilish gemeinsam mit Lady Gaga auftreten zu lassen - dazu fehlt der Academy wohl der Mut, aber letztlich wäre alles besser als dieses aktuelle Eingeständnis, bedeutungslos zu sein.
Blickfänge, ein Kettenhemd und zwei Hollywood-Urgesteine
Ein großer Preis für Hollywood, ein kleiner für die restliche Welt? Der Sieg von "Parasite" in beiden Oscar-Kategorien lässt endgültig an der Sinnhaftigkeit dieser Trennung zweifeln.
Zu weiß, zu männlich, zu selbstverliebt? Wer die Debatten, die jede Oscar-Verleihung begleiten, verstehen will, muss einen Blick auf die Academy werfen: Hier ist Hollywoods Elite unter sich.