Türkis-Blau

Familien­beihilfe: Bundes­finanz­gericht bringt Indexierung vor EuGH

CORONAVIRUS: PFLEGEBETREUER LANDEN IN SCHWECHAT
CORONAVIRUS: PFLEGEBETREUER LANDEN IN SCHWECHATAPA/HELMUT FOHRINGER
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Nach der Beschwerde einer tschechischen Grenz-Pendlerin wurde das österreichische Gericht aktiv. Die EU-Kommission hatte 2019 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Die noch unter Türkis-Blau beschlossene, potenziell europarechtswidrige Indexierung der Familienbeihilfe ist nun beim Europäischen Gerichthsof (EuGH) gelandet. Vorgelegt hat den Fall allerdings nicht die EU-Kommission, die im Vorjahr ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet hatte, sondern das heimische Bundesfinanzgericht.

Anlassfall ist die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin gegen die Kürzung ihrer Familienbeihilfe. Die Frau hat zwei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Tschechien und arbeitet in Österreich. Nach der von ÖVP und FPÖ beschlossenen "Indexierung" kürzte das Finanzamt für Hollabrunn, Korneuburg und Tulln die Familienbeihilfe der Frau 2019 um 140 Euro gekürzt.

„Vielzahl vergleichbarer Verfahren“ 

Die Frau erhob daraufhin Beschwerde beim Bundesfinanzgericht. Sowohl sie als auch das Finanzamt haben im Verfahren vorgeschlagen, die Causa vom EuGH klären zu lassen, wie aus der Veröffentlichung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts vom 16. April hervorgeht.

Bis zum Spruch der europäischen Höchstrichter hat das Bundesfinanzgericht die Entscheidung über die Causa ausgesetzt. Freilich ist das nicht die einzige Beschwerde gegen die Kürzung der Familienbeihilfe für osteuropäische Arbeitnehmer. Insgesamt liegen beim Bundesfinanzgericht derzeit 38 Beschwerden gegen die „Indexierung“ der Familienbeihilfe vor. Den zuständigen Richtern wurde demnach empfohlen, mit der Entscheidung auf den Spruch des EuGH zu warten. Unklar war vorerst, wie viele weitere Beschwerden noch bei den Finanzämtern vorliegen.

EuGH untersagte Frankreich ähnliche Maßnahme

Durch die 2019 in Kraft getretene "Indexierung" sollte die Höhe der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder an die dortigen - in der Regel niedrigeren - Lebenserhaltungskosten angepasst werden. ÖVP und FPÖ erhofften sich davon Einsparungen von 114 Million Euro, tatsächlich wurde aber deutlich weniger erreicht. Zudem halten Experten die umstrittene Maßnahme für europarechtswidrig, weil der EuGH bereits 1986 Frankreich eine ähnliche Maßnahme untersagt hat.

In der Coronakrise war zuletzt wieder Kritik an der Maßnahme laut geworden, weil sie auch dringend benötigte 24-Stunden-Pflegekräfte trifft. Dennoch lehnte die ÖVP die Rücknahme der Indexierung zuletzt ab und will die Entscheidung des EuGH abwarten.

(APA)

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