Coronakrise

Brüssel bei Coronahilfen wohl für Mix aus Zuschüssen und Krediten

Die EU-Kommission hofft, dass der Vorschlag auch für die "Sparsamen Vier", also Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden, akzeptabel sein wird.

Nachdem Deutschland und Frankreich am vergangenen Montag ihren Vorschlag für einen coronabedingten EU-Wiederaufbaufonds im Umfang von 500 Milliarden Euro vorgelegt hatten, präsentierte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstag gemeinsam mit seinen Verbündeten Niederlande, Dänemark und Schweden einen Gegenentwurf.

Am Mittwoch wird schließlich die EU-Kommission einen neuen Entwurf für die EU-Finanzen von 2021 bis Ende 2027 vorlegen, der auch einen Wiederaufbauplan für die von der Corona-Pandemie schwer gebeutelte Wirtschaft umfassen soll. Der Vorschlag dürfte wie aus informierten EU-Kreisen gegenüber der APA verlautete ein Mix aus den beiden bekannten Positionspapieren sein. Die Gelder sollen in Form von nicht zurückzahlbaren Zuschüssen, Krediten und Garantien fließen, hieß es. Die EU-Kommission hoffe, dass ihr Vorschlag auch für die "Sparsamen Vier" akzeptabel sein werde.

Die 27 EU-Mitglieder müssen den mehrjährigen Haushalt und auch den Wiederaufbaufonds einstimmig verabschieden. Möglicherweise wird es daher ein Gipfeltreffen einberufen, wo sich die Staats- und Regierungschef persönlich auf einen Kompromiss einigen sollen.

Dass den von der Coronakrise stark betroffenen Ländern finanziell geholfen werden müsse, darin sind sich alle einig, doch die Frage nach dem wie ist noch ausständig. Streitpunkt bei der Frage ist, ob die finanzielle Hilfe für EU-Staaten anhand von Krediten, die zurückgezahlt werden müssen, oder über Zuwendungen bzw. Zuschüssen erfolgen soll.

Merkel für massive Schuldenaufnahme

So sieht der Vorschlag von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erstmals eine massive europäische Schuldenaufnahme über den EU-Haushalt vor. Die 500 Milliarden Euro sollen im Namen der EU am Kapitalmarkt aufgenommen werden und im Rahmen des mehrjährigen EU-Finanzrahmens als nicht rückzahlbare Zuschüsse an die von der Coronakrise betroffenen Krisenstaaten ausgezahlt werden.

Im Gegensatz dazu setzt der Entwurf der "Sparsamen Vier" genannten Gruppe aus Österreich, Dänemark, Schweden und den Niederlanden auf Kredite zu günstigen Bedingungen, die von den Staaten zurückgezahlt werden müssten. Die Nothilfe soll einmalig und auf zwei Jahre befristet sein. Die Gesamtsumme der Corona-Nothilfen wird von den vier sogenannten Nettozahler-Staaten offen gelassen. Vehement abgelehnt wird wie schon oft eine "Vergemeinschaftung von Schulden" sowie "bedeutende Steigerungen im EU-Budget."

Deutschland hatte bis vor kurzem wie Österreich jede Vergemeinschaftung der Schulden kategorisch abgelehnt, in der Coronakrise diese Position aber geändert. Grund dafür ist die Sorge, dass Länder wie Italien unter einer weiteren stark steigenden Schuldenlast zusammenbrechen könnten und dies negative Folgen für die gesamte EU hätte.

In Italien sorgte das Positionspapier von Österreich und seinen Verbündeten daher auch wenig überraschend für Kritik. So eine schwere Rezession verlange "ambitionierte und innovative Vorschläge wie den Wiederaufbaufonds". Der Binnenmarkt mit seinen Vorteilen für alle Europäer sei in Gefahr, warnte der italienische Europaminister Enzo Amendola auf Twitter. "Das Papier der `sparsamen ́ Länder ist defensiv und unangemessen. Es braucht mehr Mut von der EU-Kommission", so der EU-Minister.

Kurz: „Am Ende braucht es einen Kompromiss"

Kurz gab sich am Samstagabend gesprächsbereit: "Am Ende braucht es einen Kompromiss. So ist die Europäische Union", sagte Kurz der "ZiB" des ORF. Der wichtigste Punkt sei eine zeitliche Befristung der Coronahilfen.

Die beiden unterschiedlichen Positionspapiere spalten unterdessen auch in Österreich die Parteienlandschaft und auch die Koalitionspartner sind nicht auf einer Linie. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ging am Wochenende auf Distanz zum Vorschlag des Kanzlers, "es sollten auch direkte Zuschüsse für die besonders hart betroffenen Länder dabei sein", sagte Kogler der Tageszeitung "Die Presse". Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) stellte sich gegenüber dem "Kurier" wenig überraschend hinter Kurz und pochte auf eine Rückzahlung der Gelder.

Die SPÖ-Europaabgeordneten Andreas Schieder und Evelyn Regner kritisieren in einer Aussendung den Vorschlag der "Sparsamen Vier" zur Corona-Krisenfinanzierung als "mutlos und reinen Marketing-Gag". Auch NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon zeigte sich am Sonntag enttäuscht über die Ablehnung von gemeinsamen europäischen Wirtschaftshilfen durch den Kanzler: "Kurz übersieht völlig, dass Unternehmen den europäischen Markt und die offenen Grenzen brauchen und darunter leiden werden, wenn keine europäische Lösung gefunden wird."

(APA)

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