Welche Signale sendet man mit der Aufnahme von Menschen aus Lesbos? Der Außenminister warnt vor dem Pull-Effekt, ein Migrationsforscher zeigt sich entsetzt über diesen Ansatz.
Ihre Meinungen sind sehr, sehr unterschiedlich: Was am Mittwochabend zuerst Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in der "ZiB 2" und dann Migrationsforscher Gerald Knaus in der "ZiB Nacht" sagte, ging nicht wirklich zusammen. Einig waren sie sich zumindest darin, dass die Bilder erschreckend seien, die nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria zu sehen sind. Und dass es dort eine Notlage gebe.
In welcher Form soll, kann oder muss Österreich (und Europa) nun helfen? Schallenberg nahm eine Haltung ein, die Interviewer Armin Wolf mehr als einmal mit dem Wort "zynisch" bedachte. Er habe Geld angeboten, sagte der Minister, und sprach später auch von Decken und Zelten, die man liefern könne. Menschen sollen aber nicht in Österreich aufgenommen werden - auch nicht hundert unbegleiteten Minderjährige, wie es die Stadt Wien vorgeschlagen hat.
"Wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir hier nicht Signale schicken, die eine Kettenreaktion auslösen", so Schallenberg. Was er damit meint? Den so genannten Pull-Effekt, demzufolge mehr Menschen dazu ermutigt werden, auf Boote zu steigen und nach Europa zu kommen, wenn sie glauben, dass ein überfülltes Flüchtlingslager nicht die Endstation ist. "Wenn wir jetzt die Menschen aus Lesbos in Europa verteilen, dann erzeugen wir wieder die Hoffnung bei anderen, dass sie sich vielleicht in die Hände der Schlepper bewegen", so Schallenberg. Eine solche Hoffnung, dass die Tür einen Spalt offen ist, solle es nicht geben.