Klimastreik

Demo in Wien: "Es gibt keine Impfung gegen den Klimawandel"

WIEN: KLIMASTREIK DER KLIMASCHUTZBEWEGUNG 'FRIDAYS FOR FUTURE'
WIEN: KLIMASTREIK DER KLIMASCHUTZBEWEGUNG 'FRIDAYS FOR FUTURE'APA/GEORG HOCHMUTH
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Corona hat die Angst vor dem Klimawandel nicht verdrängt: Unter dem Motto „Mund-Nasen-Klimaschutz“ gingen am Freitag etwa 2500 Menschen in Wien auf die Straße.

Das Gewusel, das sonst schon in den umliegenden Straßen und in der U-Bahnstation herrscht, wenn eine Klimademo stattfindet, blieb diesmal aus. In kleinen Gruppen oder ganz alleine standen die Demonstranten, die sich Freitagmittag beim Westbahnhof für den Klimastreik eingefunden hatten, zusammen. Man war ein bisschen unsicher, tunlichst darauf bedacht, den anderen nicht zu nahe zu kommen. Denn das Virus, das  geht beim sechsten weltweiten Klimastreik auch in Wien mit. 

Schon im Vorfeld hatten die Organisatoren eine strenge Maskenpflicht und einen Mindestabstand von eineinhalb Meter für alle Demoteilnehmer ausgerufen. 100 Ordner - erkennbar an den traditionellen weißen Arztkitteln der "Fridays for Future"-Bewegung - sollten dafür sorgen, dass die Regeln auch eingehalten würden. Risikogruppen sollten sich, wenn möglich, am hinteren Ende des Demozugs einfinden. Das waren dann aber ohnehin nur ein paar ältere Semester, die ihre Anti-Atomkraft-Transparente wieder ausgegraben hatten.

Das Motto „Mund-Nasen-Klimaschutz“ kam an. Nur „einen einzigen Demonstranten“ habe er ermahnen müssen, die Maske richtig aufzusetzen, sagte einer der Ordner zur „Presse“. Auch die Polizei meldete keine Zwischenfälle.

Teresa Wirth/Die Presse

„Vielen Dank, dass trotz der Umstände, trotz Corona, trotz des Regens, so viele gekommen sind“, tönte es von der Bühne. Die Stimme der jungen Frau überschlug sich zeitweise bei dem Versuch, der anfangs etwas verhaltenen Menge einzuheizen. Mit der Zeit funktionierte es, und die Sprechchöre wurden lauter, so laut es eben geht mit verhüllten Gesichtern.

Mehr Angst vor Klima als Corona

Einige tausend Teilnehmer - die Veranstalter zählten 6000, die Polizei etwa 2500 - gingen trotz der Ansteckungsgefahr auf die Straße. Unter ihnen die Studentin Sophie: „Ich habe mehr Angst vor dem Klimawandel als vor Corona.“ Sophie ist damit nicht alleine, wie eine Umfrage unter Elf- bis 18-Jährigen erst kürzlich ergeben hat. "Es klingt zwar privilegiert, aber ich bin von Corona nicht betroffen. Ich bin jung, ich gehöre nicht zur Risikogruppe, ich habe keinen Job verloren." Der Klimawandel, glaubt Sophie, werde auf sie weit größere Auswirkungen haben.

Ähnlich sieht das auch Raphael. Irgendwann werde man das Virus in den Griff bekommen, sagte der 23-Jährige. Mit dem Klimawandel aber gehe es, derzeit genauso weiter wie bisher. „Es gibt keine Impfung gegen den Klimawandel."

Nur inoffizieller Schulstreik

Gegen 13 Uhr setzte sich der Demozug vom Westbahnhof über die Mariahilfer Straße in Bewegung, um sich mit den zwei anderen Demos von Wien-Mitte und dem Hauptbahnhof aus beim Schwarzenbergplatz zu einer Abschlusskundgebung zu treffen. Es waren vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die sich eingefunden hatten, sowie viele Organisationen wie Greenpeace, Amnesty International und Global 2000, aber auch Vertreter der bei der Wien-Wahl antretenden Parteien Neos und Links. Einige wenige Kinder sind darunter, ganze Schulklassen sucht man vergeblich. Zu hitzigen Diskussionen wie im vergangenen Jahr, ob Schüler für den Streik freigestellt werden dürften, ist es heuer nicht gekommen.

„Von unserer Schulleitung wurde klargestellt: Mit ganzen Klassen auf die Demo zu gehen wäre unverantwortlich“, sagte eine Lehrerin. „Corona spielt definitiv eine Rolle.“ Gebrachte Entschuldigungen von Schülern würde man aber nicht extra hinterfragen. Aus ihrer Schule sei etwa ein Fünftel der Schüler auf der Demo.

Neben Wien waren auch in Innsbruck, Graz, Linz, Salzburg, Klagenfurt, Wiener Neustadt, Waidhofen an der Ybbs und Schrems Demos angemeldet. Veranstalter sprachen von insgesamt 8000 Teilnehmern in Österreich.

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