Coronavirus

AstraZeneca will Vertrag mit EU offenlegen - mit geschwärzten Passagen

European Union commissioner for Health, Stella Kyriakides, gives a news statement on COVID-19 vaccine deliveries at the EU headquarters, in Brussels
European Union commissioner for Health, Stella Kyriakides, gives a news statement on COVID-19 vaccine deliveries at the EU headquarters, in BrusselsREUTERS
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Der Pharmakonzern und die Europäische Union streiten über das Kontingent an Coronavirus-Impfstoffen, das vereinbart wurde.

Im Streit zwischen der EU und AstraZeneca über Engpässe bei Corona-Impfstoff-Lieferungen will der Pharmakonzern jetzt den Liefervertrag offenlegen. Das sagte am Donnerstagabend ein EU-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings habe das Unternehmen darauf bestanden, sensible Passagen zu schwärzen. Zuvor hatte ein Kommissionssprecher betont, dass es keinen Termin für weitere Gespräche mit der Firma gebe. Der Impfstoff könnte am Freitag in der EU zugelassen werden.

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AstraZeneca hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, wegen Produktionsproblemen in einem Werk in Belgien vorerst deutlich weniger Impfstoff liefern zu können als vorgesehen. Nach Angaben aus EU-Kreisen würden deshalb im ersten Quartal 75 Prozent weniger Dosen geliefert als vereinbart. Brüssel kritisiert, dass die Lieferungen an Länder außerhalb der EU - wie Großbritannien - nicht eingeschränkt werden. AstraZeneca-Chef Pascal Soriot hatte erklärt, sein Unternehmen habe eine "Best effort"-Vereinbarung mit der EU abgeschlossen: Das heiße, dass man die zugesagten Mengen habe liefern wollen, dazu aber nicht vertraglich verpflichtet zu sein. Dies sieht die EU anders. Sie will die Verträge offenlegen - dafür braucht sie aber die Zustimmung des Vertragspartners.

Inspektion in belgischem Werk

AstraZeneca hatte am Mittwochabend zum dritten Mal in dieser Woche mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten Gespräche über die Lieferprobleme geführt. Der Kommissionssprecher bekräftigte, dass die EU erwarte, dass notfalls auch Impfstoff aus Werken in Großbritannien an sie geliefert werde. Die EU-Kommission bestätigte zudem eine Inspektion der belgischen Behörden in dem von Produktionsschwierigkeiten betroffenen Werk. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, dass AstraZeneca-Chef Soriot einen Teil der angekündigten Lieferkürzung zurücknehmen wolle.

Vonseiten von AstraZeneca sprach man am Donnerstag von einem "konstruktiven und offenen Gespräch über die Komplexität der Intensivierung der Produktion unseres Impfstoffs und die Herausforderungen, auf die wir gestoßen sind. Wir haben uns zu einer noch engeren Abstimmung verpflichtet, um gemeinsam einen Weg für die Auslieferung unseres Impfstoffs in den kommenden Monaten zu finden, während wir unsere Bemühungen fortsetzen, diesen Impfstoff während der Pandemie ohne Profit für Millionen von Europäern bereitzustellen".

Impstoff-Exporte könnten blockiert werden

Am Abend wurde bekannt, dass die EU den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben will, Exporte von Corona-Impfstoffen notfalls zu blockieren. Die EU-Kommission werde dazu voraussichtlich am Freitag einen Vorschlag vorstellen, sagten EU-Vertreter. Hauptziel sei es demnach, Informationen über Ausfuhren zu sammeln und sicherzustellen, dass diese nicht zulasten von in der EU bestellten Lieferungen gingen.

"Es ist kein Exportverbot", sagte ein EU-Vertreter zu dem geplanten "Transparenz- und Lizenzierungsmechanismus". "Die Grundannahme ist, dass die Ausfuhren wie vorgesehen stattfinden werden." In "seltenen Fällen" könne es aber dazu kommen, dass die Exporterlaubnis verweigert werde. Dafür soll es in der EU-Rechtsgrundlage Kriterien geben, zu denen am Donnerstag aber noch keine genauen Angaben gemacht wurden.

In der Praxis müssten die Hersteller den für sie zuständigen nationalen Behörden mitteilten, "was, wann, zu wem und in welchem Umfang" sie exportieren wollten, sagte ein EU-Vertreter. Die nationalen Stellen könnten dann die Ausfuhren freigeben oder verweigern. Die Entscheidung darüber solle in weniger als 24 Stunden erfolgen. Die EU-Vertreter sprachen von einer "Notfallmaßnahme", die zeitlich begrenzt bis zum Ende des ersten Quartals gelten solle. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass sie verlängert werde. Impfstoff-Exporte innerhalb der EU seien ebenso wenig betroffen wie "humanitäre" Hilfslieferungen an Ziele außerhalb.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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